Muss ich mit unerwünschten Hautveränderungen rechnen, wenn ich auf selbst gerührte Kosmetik umsteige?

Gesunde Haut braucht Zeit

Das ist tatsächlich möglich. Wenn Sie vorher Kosmetik verwendet haben, die hauptsächlich auf Mineralöl und Mineralöl-Derivaten basiert (das ist für Nicht-Naturkosmetik die Regel), kann ihre Haut in den ersten vier Wochen deutlich »unruhiger«, trockener erscheinen und eventuell mit kleinen Unreinheiten reagieren. Dies ist in der Regel kein Hinweis auf eine Unverträglichkeit, sondern resultiert aus den völlig unterschiedlichen Konzepten von kommerziellen Kosmetikprodukten und selbst hergestellter Naturkosmetik. In diesem Beitrag erläutere ich Ihnen die Zusammenhänge.

Das Konzept kommerzieller Kosmetik

Kommerzielle Kosmetika basieren in erster Linie auf einer reizfreien Grundlage aus Mineralölderivaten und Silikonen. Sie ermöglichen Emulsionen mit einer angenehmen haptischen Leichtigkeit ohne fettenden Charakter, sind chemisch in hoher Reinheit und einer großen Varianz hinsichtlich ihrer sensorischen Eigenschaften herzustellen. Daneben sind sie mikrobiologisch nicht anfällig. Sie altern kaum, d. h. sie unterliegen so gut wie keinen Abbauprozessen.

Neben ihrer eleganten Sensorik (ihrem seidigen leichten Hautgefühl) haben Mineralölderivate und Silikone eine weitere Eigenschaft: Sie bilden auf der Haut einen mehr oder weniger ausgeprägten Film und zeigen einen sog. Okklusiveffekt. Dies bedeutet: Der durch sie gebildete Film staut die nach oben abdunstende Feuchtigkeit; die Hornzellen der Epidermis quellen auf und lassen die Oberfläche optisch praller und glatter erscheinen. Kleine Fältchen verschwinden, die Haut wirkt gut durchfeuchtet und gut versorgt.

An sich ist eine gewisse Okklusivität durchaus erwünscht, denn sie kann barrieregestörte, trockene Haut kurzfristig mit Wasser anreichern. Der Nachteil ist: Dadurch erhält die Haut keine regulierenden Impulse mehr von außen und drosselt die Produktion hauteigener wasserbindender Substanzen (den sog. NMF) und die Produktion hauteigener Fette. Ursache ist das Fehlen des normalen Wasserfluxes, des Verlustes an hauteigener Feuchtigkeit, der auf der Nachlieferung von Wasser aus dem Körperinneren basiert. Ohne einen gewissen Wasserflux bleiben Enzyme inaktiv, die Proteine in der Haut zu wasserbindenden Substanzen zerlegen. Decken wir unsere Haut über einen längeren Zeitraum mit okkludierenden Kosmetika ab, regulieren wir hauteigene, sinnvolle Prozesse »nach unten«.

Nun zeigt sich eine weitere Schwäche von Mineralölderivaten und Silikonen. Anders als Pflanzenöle und -buttern liefern sie keine physiologischen Fettkomponenten, die aufgrund ihrer Ähnlichkeit mit hauteigenen Fetten wie diese in die Barriereschicht eingebaut werden können. Zwar wurde nachgewiesen, dass auch Mineralöle und Vaseline sich in Form kleiner Tropfen in die Barriereschicht integrieren und zu einer Reduzierung des transepidermalen Wasserverlusts führen können, ihre fehlende Hautphysiologie begrenzt ihre regenerierenden und interaktiven Wirkungen innerhalb phsyiologischer Stoffwechselprozesse. Unter dem Mineralöl- und Silikonfilm entwickelt sich unbemerkt (denn der Okklusiveffekt täuscht, wie vorhergehend beschrieben, eine intakte Haut vor) eine tendenziell trockene Haut.

Das Konzept von Naturkosmetik

Bei Umstieg auf eine pflanzenölbasierte Kosmetik finden wir ein völlig anderes Pflegekonzept vor. Auch Pflanzenöle zeigen moderate okkludierende Effekte, aber anders als synthetische Lipide ist dieser zeitlich begrenzt: Hauteigene Enzyme zerlegen die Fette eines naturkosmetischen Produkts, bauen sie in hauteigene Strukturen ein und verringern automatisch die abdichtende Wirkung. Direkt nach dem Umstieg auf Emulsionen, die auf Basis von Pflanzenölen konzipiert sind, verliert die Haut zunächst Wasser, da der okkludierende Film fehlt. Gleichzeitig fehlen eigene feuchtigkeitsbindende NMF-Substanzen … und die Haut wirkt trocken, unruhig, irritiert. Das ist ihr wahrer Zustand unter der »Maske« kommerzieller Pflegeprodukte.

Es kann durchaus drei bis vier Wochen dauern, bis sich die Barriereschicht der Haut wieder regeneriert hat und die Haut vor äußeren Einflüssen schützen kann. Dabei helfen ihr die pflanzlichen Öle in unseren Emulsionen. Ihre Lipidbausteine regenerieren die schützenden Strukturen in der Epidermis. Zunehmend kann sie besser Wasser halten. Dieser Wassergehalt fördert enzymatische Prozesse, die wiederum die Synthese weiterer wasserbindender Stoffe ermöglichen und innerhalb weniger Wochen den Hautzustand normalisieren. Das ist Ziel qualitativ hochwertiger Naturkosmetik: Gesunde Haut. Wer diese Zusammenhänge nicht kennt, wird die Naturkosmetik als Ursache der Hautverschlechterung in Verdacht haben und nicht den wahren Verursacher – das kommerzielle Kosmetikprodukt.

Naturkosmetik: Wirkpower pur

Wir müssen uns zudem vergegenwärtigen, dass die Inhaltsstoffe in naturbelassenen pflanzlichen Ölen konzentrierte kosmetische Wirkstoffe darstellen. Kaufprodukte enthalten geringe Mengen an isolierten Wirkstoffen, die werbewirksam ausgelobt werden. Prinzipiell ist es daher sinnvoll, gerade beim Umstieg auf selbst hergestellte Natur-Kosmetik milde Basisöle (Mandel-, Aprikosenkern-, Jojobaöl) zu verwenden und als Wirkstoffe nur ein bis zwei hydratisierende Stoffe wie Glycerin, Urea oder Panthenol zu ergänzen, um der Haut Zeit zur Umstellung zu geben. Unsere selbst hergestellte Naturkosmetik wirkt wie ein mehrgängiges Festmahl nach karger Kost: Sie muss sich an das reichhaltige Angebot an wirkenden, interaktiven Substanzen erst einmal gewöhnen. Auch hier kann eine Ursache für ein unruhigeres Hautbild liegen.

Hygiene in der Herstellung

Einen leider häufigen Grund für unerwünschte Hautreaktionen muss ich erwähnen: Er resultiert aus einer unprofessionellen handwerkliche Herstellung. Es ist sehr wichtig, Kosmetika unter absolut hygienischen Bedingungen herzustellen. Zuhause in der heimischen Rührküche sind uns naturgemäß Grenzen gesetzt; absolute Sterilität ist zuhause weder machbar noch notwendig, aber es gibt einige Regeln, die dringend beachtet werden müssen, um hautgesunde Natur-Kosmetik herzustellen.

Ein typisches Anzeichen für Unverträglichkeiten, die auf eine erhöhte Kontamination der Produkte hinweist, ist, dass diese regelmäßig erst nach 10–14 Tagen auftreten und die Haut sich bei neu gerührten Emulsionen zunächst wieder beruhigt. Die Informationen in meinem umfassenden Dossier »Konservierung« helfen Ihnen und Ihrer Haut, Ihre ganz persönliche, herausragende Pflege herzustellen.

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