Ölgruppen nach Olionatura

Dossier »Öle kombinieren« · Teil 1

In diesem Beitrag finden Sie eine Einteilung verschiedener Öle und Buttern in Gruppen, die Ihnen die Kombination von Ölen (oder ihr Austausch in einem Rezept) erleichtern soll. Bitte sehen Sie meine Empfehlungen als Anregung, nicht als verpflichtende Vorgabe. Die Gruppierung orientiert sich im Wesentlichen an den spezifischen Fettsäuremustern; die anschließenden Empfehlungen versuchen, ein ausgewogenes Fettsäurespektrum zu erzielen, in dem Öl-, Linol- und Palmitinsäure die Basis bilden und Linolensäuren die Rezepturen bei Bedarf vervollständigen.

Natürlich kann es auch Ihre Strategie sein, gezielt linolsäure- oder ölsäurehaltige Rezepturen zu erstellen, dann mischen Sie eben innerhalb einer Teilgruppe. Im Forum von Olionatura, der Rührküche finden Sie Anregungen und Erfahrungsberichte zu erprobten Ölkombinationen und können eigene Erfahrungen und Ihre »Öl-Favoriten« zur Diskussion stellen.

Lichtexponiertheit und oxidative Stabilität

Bei den Ölen in den Listen weiter unten werden Sie bei einigen den Hinweis finden »Nicht in lichtexponierten Pflegepräparaten verwenden«. Dieser Hinweis betrifft insbesondere Öle mit hohen Anteilen mehrfach ungesättigter Fettsäuren, sogenannter PUFA (polyunsaturated fatty acids). Neben Sauerstoff und Wärme beschleunigt UV-Licht die Oxidation und Zersetzung von Ölen mit mehrfach ungesättigten Fettsäuren auf und in der Haut. Die zum Teil toxisch wirkenden Spaltprodukte durch diese Photooxidation können bei entsprechender Disposition Zellmembrane schädigen, zu Pigmentflecken, Sonnenallergien (bekannt ist die Acne aestivalis, die so genannte Mallorca-Akne) sowie Irritationen führen und sogar die Entstehung von Hautkrebs fördern. Beachten Sie daher die Empfehlungen in den jeweiligen Ölgruppen. Gut geeignete Öle für den Einsatz in Sonnencremes und anderen stark lichtexponierten Situationen sind im Folgenden entsprechend gekennzeichnet. »Lichtexponiert« bedeutet ein Einsatz in kosmetischen Präparaten, mit denen man sich über längere Zeit intensiverer Sonneneinstrahlung aussetzt (längerer Aufenthalt in der Sonne, Strand usw.).

Daneben hat es sich als kosmetisch sinnvoll erwiesen, Kosmetika mit einem Anteil an oxidativ anfälligen nativen Ölen für normale Tagespräparate insbesondere durch Basisöle wie Jojoba- und Wiesenschaumkrautöl zu stabilisieren und den Anteil an Ölen mit ungesättigten Fettsäuren zu begrenzen. Diese Öle verlängern die Haltbarkeit mehrfach ungesättigter Fettsäuren und ermöglichen hautphysiologisch sinnvolle und reizfreie Kompositionen. Auch andere oxidationsstabile Öle wie Squalan oder Neutralöl sind gute »Partner« für eine Ölmischung.

Ich empfehle Ihnen im Interesse Ihrer Hautgesundheit, diese wunderbaren und kosmetisch wertvollen, oxidativ instabilen Öle mit einem höheren Anteil an PUFA in die Nachtpflege auszulagern. Auf diese Weise können Sie ihre ganzes Wirkspektrum nutzen und oxidativen Stress für die Haut minimieren.

Im Folgenden finden Sie eine Kurzübersicht über die verschiedenen Ölgruppen.

Stabilisierende Basisöle

Gruppe B-0

Einsatzkonzentration: 20–50 % einer Ölmischung

Profil: Oxidationsstabil, reizfrei, nicht reaktiv, gut geeignet für sensible, reaktive Haut, lichtexponierte Pflegepräparate

  • Jojobaöl ist durch seine spezifische Zusammensetzung ein universelles, oxidativ hochstabiles Öl, das auf der Haut enzymatisch nur langsam gespalten, von Bakterien nicht verstoffwechselt werden kann und damit eine sehr lang anhaltende, schützende Wirkung erzeugt, ohne haptisch zu fetten. Es begleitet (oder fundiert) jede Mischung sinnvoll. In Studien wurde nachgewiesen, dass es Ölmischungen wirkungsvoll oxidativ stabilisiert. Natives Jojobaöl ist in dieser Hinsicht effektiver als die raffinierte Variante.
  • Wiesenschaumkrautöl, auch als Meadowfoamöl im Handel, ist weniger bekannt. Beeindruckend ist seine stabilisierende Wirkung auf Ölmischungen: Studien haben gezeigt, dass natives Wiesenschaumkrautöl bereits in kleinen Beimischungen von 5–10 %geeignet ist, Ölmischungen signifikant zu stabilisieren. Seine Wirkung übertrifft in dieser Hinsicht sogar Jojobaöl. Bei raffiniertem Wiesenschaumkrautöl ist die stabilisierende Wirkung schwächer ausgeprägt. Leider bekommen wir hier in Europa fast nur die raffinierte Variante (möglicherweise auch, weil die native Qualität einen ausgeprägten Eigengeruch aufweist und von Verbrauchern weniger akzeptiert wird).
  • Squalan ist ein in ungesättigter Form als Squalen im menschlichen Sebum enthaltendes, hautanaloges und niedrigviskoses Lipid mit ausgezeichneter Spreitfähigkeit. Es fundiert oder ergänzt Rezepturen als oxidationsstabile und reizfreie Lipidkomponente.
  • Ester- wie Neutralöl sind reizfreie, nach dem naturkosmetischen Spreitmodell von Olionatura® sehr gut spreitende Lipidkomponenten. Sie eignen sich vor allem für wenig aktivierende, milde Formulierungen mit hoher oxidativer Stabilität. Bei ihnen ist jedoch keine aktiv stabilisierende Wirkung auf Ölmischungen nachweisbar. Sie sind eher Komponenten, die eine Ölmischung »auffüllen« – quasi als Platzhalter für oxidativ instabile Öle, die in Hautpflegeprodukten für den Tag nur in begrenzten Mengen eingesetzt werden sollten.
  • Jojobaöl
  • Wiesenschaumkrautöl
  • Esteröle (Neutralöl u. a.)
  • Squalan

Pflegende Basisöle

Ölgruppen B-1, B-2, B-3, B-4

Einsatzkonzentration: 50–70 % einer Ölmischung

  • Gruppe B-1 sind ölsäuredominierte Öle, oxidativ verhältnismäßig stabil, schützend, leicht bis stärker rückfettend.
  • Gruppe B-2 sind Öle mit sehr ausgeglichenem Fettsäuremuster hinsichtlich einfach und zweifach gesättigten Fettsäuren, die gut solo verwendet werden können.
  • Gruppe B-3 notiert linolsäuredominierte Öle, die haptisch leichter einziehen, wenig rückfettend wirken und ausgesprochen pflegende, regenerierende Eigenschaften haben. Aufgrund ihres höheren Anteils an ungesättigten Fettsäuren benötigen Sie einen höheren Anteil an stabilisierenden Ölen der Gruppen B-0 und B-1 und sollten nur in kleineren Anteilen eingesetzt werden.
  • Gruppe B-4 enthält Öle mit Fettsäuren, die seltener vorkommen, wie z. B. Erucasäure in Brokkolisamenöl oder Ricinolsäure in Rizinusöl. Öle dieser Gruppe können sehr unterschiedliche Eigenschaften haben – orientieren Sie sich daher an den Ölportraits.

Gruppe B-1 (Ölsäure-dominiert):

Profil: Gute Massageöle, gut geeignet für Reinigungsemulsionen, Körperlotionen, pflegend, geeignet für lichtexponierte Pflegepräparate

  • Aprikosenkernöl
  • Avellanaöl
  • Avocadoöl
  • Haselnussöl
  • Kameliensamenöl
  • Macadamianussöl
  • Mandelöl
  • Marulaöl
  • Olivenöl
  • Sheanussöl
  • Sonnenblumenöl High Oleic

Gruppe B-2 (ausgewogener Anteil an Öl- und Linolsäure)

Profil: Ausgewogene Basisöle für Pflegeprodukte, barriereschützend, pflegend

  • Arganöl
  • Baobaböl
  • Hafersamenöl
  • Reiskeimöl
  • Sesamöl

Gruppe B-3 (Linolsäure-dominiert)

Profil: Barriereregenerierend, fluidisierend, nicht in lichtexponierten Präparaten verwenden, in Tagespräparaten mit Ölen der Gruppen B-0 und B-1 mischen und nur in kleinen Anteilen einplanen.

  • Amaranthöl
  • Distelöl
  • Mohnöl
  • Sojaöl
  • Sonnenblumenöl
  • Traubenkernöl
  • Weizenkeimöl

Gruppe B-4 (Öle mit speziellen Fettsäuren)

Profil: Basisöle mit speziellen Fettsäuren und unterschiedlichen Eigenschaften

Diese Ölgruppe ist neu; ich trage hier dem Umstand Rechnung, dass einige Basisöle durch ihr Fettsäuremuster deutlich aus den anderen Basisölgruppen herausfallen. In der Regel sind diese Öle oxidativ relativ stabil.

  • Brokkolisamenöl
  • Krambeöl (»Abyssinian Oil«)
  • Rizinusöl
  • Ximeniaöl

Wirkstofföle

Ölgruppen W-1, W-2, W-3

Einsatzkonzentration: 5–10 % einer Ölmischung (in Nachtpflegeprodukten bis zu 50 %)

Wirkstofföle zeichnen sich durch hohe Anteile an mehrfach ungesättigten, teilweise seltenen Fettsäuren aus, die oxidativ sehr instabil sind, kosmetisch jedoch intensiv regenerierende und aktivierende Eigenschaften aufweisen. Je nach dominierender mehrfach ungesättigter Fettsäure sind sie in die Gruppen W-1, W-2 und W-3 unterteilt. Sie sollten bevorzugt in der Nachtpflege eingesetzt werden, um oxidativen Stress für die Haut zu verringern. Untersuchungen haben gezeigt, dass die Photooxidation von Ölmischungen mit einem Anteil ab ca. 10 % Ölen mit zwei- und mehrfach ungesättigten Fettsäuren signifikant anstieg, obwohl beigefügte Tocopherole und oxidativ stabile Öle hinzugefügt worden waren. Noch ausgeprägter war die Photooxidation bei Ölen mit 3-fach ungesättigten Fettsäuren, also die der Ölgruppen W-1, W-2 und W-3.

Ich empfehle daher dringend, Wirkstofföle und Basisöle der Gruppe B-3 in Tagespräparaten bei normaler Tageslichteinwirkung zusammengefasst nicht höher als 10 % zu dosieren – wenn sie in der Formulierung entsprechende Vorsorge durch stabile Öle und Antioxidantien treffen. In Sonnenschutzprodukten haben sie nichts verloren – hier sollten Sie bevorzugt photooxidativ stabile Öle der Ölgruppe B-0 einsetzen.

Gruppe W-1 (Alpha-linolenhaltige Öle)

Profil: Stark zellregenerierend, zellaktivierend (nicht in lichtexponierten Pflegepräparaten verwenden)

  • Chiasamenöl
  • Hanföl
  • Holundersamenöl
  • Preiselbeersamenöl
  • Sacha Inchi-Öl
  • Sanddornkernöl
  • Walnusskernöl
  • Wildrosenöl

Gruppe W-2 (Gamma-linolenhaltige Öle)

Profil: Entzündungshemmend, barriere-restrukturierend (nicht in lichtexponierten Pflegepräparaten verwenden)

  • Borretschsamenöl
  • Johannisbeersamenöl
  • Nachtkerzenöl

Gruppe W-3 (Öle mit speziellen Inhaltsstoffen)

Profil: Stark zellregenerierend, zellaktivierend, wundheilend (nicht in lichtexponierten Pflegepräparaten verwenden)

  • Granatapfelsamenöl (hoher Anteil an Punicic Acid, so genannte CLA)
  • Sanddornfruchtfleischöl (nur 1 Tropfen/10 gr Emulsion)
  • Schwarzkümmelöl (0,5–1 % ätherisches Öl)

Pflanzenbuttern

Einsatzkonzentration: 0–20 % einer Ölmischung

Ölgruppe PF-1

Profil: Rückfettend, schützend, viskositätserhöhend. Emollentien.

Diese Pflanzenfette können Sie in Ihrer Gesamtplanung zur prozentualen Menge der Ölgruppe B-0 addieren.

PF-1 ist die Pflanzenbutter-Gruppe: Der hohe Gehalt an gesättigten langkettigen Fettsäuren und ihre bei Zimmertemperatur feste Konsistenz kennzeichnen die pflanzlichen Buttern: Sheabutter, Mangobutter, Cupuaçubutter sind die bekanntesten. Sie weisen in der Regel höhere Anteile an unverseifbaren Bestandteilen auf, wirken haptisch stark rückfettend, schützend und ziehen nur langsam, allerdings tief in die Haut ein. In Emulsionen geben sie leichte Konsistenz und eine ausgeprägte sensorische »Reichhaltigkeit«.

  • Cupuaçubutter
  • Kakaobutter
  • Mangobutter
  • Sheabutter

Ölgruppe PF-2

Profil: Kühlend, glättend, schnell einziehend, gut geeignet für sonnenexponierte Pflegepräparate

PF-2 kennzeichnet Fette wie Kokosöl und Babassuöl, die durch hohe Gehalte an gesättigten kurz- bis mittelkettigen Fettsäuren geprägt sind. Sie spreiten ausgezeichnet, bewirken eine leichte, nicht fettende Haptik der Emulsionen und gleichen in dieser Hinsicht stärker rückfettende Lipidkomponenten aus. Gruppe PF-2 ist die sogenannte MCT-Gruppe (MCT meint »Medium Chain Triglyceride« also »mittelkettige Triglyceride«). Sie dringen schnell, aber nur oberflächlich in die Hornschicht ein.

  • Kokosöl
  • Babassuöl
  • Murumurubutter
Natives Weizenkeimöl und Weizenkörner

Konzeption einer Ölmischung

  1. Wählen Sie 1 Basisöl aus der Gruppe B-0 als oxidativ stabilisierende Komponente. Optimal sind Wiesenschaumkraut und Jojobaöl. Wer Wert auf gute Spreitfähigkeit legt, ergänzt Squalan und/oder ein Esteröl wie Neutralöl.
  2. Wählen Sie 1–3 Öle aus den Basisölen B-1, B-2 oder B-3.
    Gruppe B-2 enthält Öle mit einem sehr ausgewogenen Verhältnis an Öl- und Linolsäure, die eventuell auch solo als Basisöl verwendet werden können.
    Für kosmetische Produkte im Sommer bzw. bei leicht stärkerer Lichtexponiertheit sollten Sie ausschließlich Öle der Gruppe B-1 und B-2 einsetzen.
    Öle der Gruppe B-3 tendieren in ihrer Zusammensetzung bereits zu den Wirkstoffölen und sollten tagsüber nur in kleinen Anteilen verwendet oder in die Nachtpflege ausgelagert werden.
  3. Wählen Sie optional 1–2 Öle aus den Wirkstoffölen W-1, W-2 oder W-3 – in begrenzter Einsatzkonzentration, wenn das Pflegeprodukt am Tag eingesetzt wird. In der Nachtpflege können Sie »die Hauptrolle spielen«, dort sogar Basisöle ersetzen und in ihre wunderbaren kosmetischen Wirkungen entfalten.
  4. Wählen Sie optional 1–2 Pflanzenbuttern aus der Gruppe PF-1. Sie bieten (wenn sie nativ sind) eine reiche Auswahl an pflegenden Fettbegleitstoffen und gestalten eine Formulierung reichhaltiger und okklusiver. Sie können pur, mit 10–50% Ölen gemischt oder als Bestandteil einer Emulsion mit ca. 5–30 % Anteil an der gesamten Fettphase eingesetzt werden.
  5. Buttern aus der Gruppe PF-2 erzeugen haptisch leichte Emulsionen, da sie sich schnell auf der Haut ausbreiten (spreiten) und nicht »kleben«; daher sind sie vor allem in Lotionen beliebt, d. h. in Produkten, die großflächig aufgetragen werden. Eine Optimierung des Spreitverhaltens können Sie auch mit Squalan (Ölgruppe B-0) erzielen – zwingend notwendig ist eine Berücksichtigung der Ölgruppe PF-2 daher nicht.

Quellen

  1. Heike Käser: Naturkosmetische Rohstoffe. Wirkung, Verarbeitung, kosmetischer Einsatz. Linz: Freya, 2012
  2. Heike Käser: Naturkosmetik selber machen. Das Handbuch. Linz: Freya, 2012

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