Hagebuttenkerne (Wildrosensamen)

Wildrosenöl

Das zellaktivierende Öl für reife Haut

INCI: Rosa canina Seed Oil

Wildrosen gehört zur Familie der Rosaceae und stammen ursprünglich aus Gebieten der nördlichen Hemisphäre, da ihre Samen eine gewisse Kälteperiode benötigen, um zu keimen. Als Wildrosen gelten alle Arten, die sich ohne Einfluss des Menschen entwickelt haben; in Deutschland werden ca. 20 Arten gezählt, weltweit sind es um die 200. Die erste Bezeichnung Rosa ist der Gattungsname, der zweite Terminus nennt die Art. Das Öl aus den Kernen wird als Wildrosenöl, Hagebuttenkernöl oder Hagebuttensamenöl bezeichnet.

Nach aktuellem Forschungsstand gilt Rosa Mosqueta als Sammelbegriff für die verschiedenen, heute in Chile verbreitete Wildrosenarten Rosa moschata (Moschusrose), Rosa rubiginosa (Apfelrose, Weinrose) und Rosa canina (Hundsrose, Heckenrose). Aus diesem taxonomischen Wirrwarr resultieren unterschiedliche INCI-Bezeichnungen für Wildrosenöl: Rosa canina verweist auf eine unserer europäischen Wildrosenarten, wir kennen sie auch als Hundsrose oder Heckenrose; ihre Früchte, die Hagebutten, haben auch die gebräuchliche Bezeichnung Hagebuttenkernöl oder Hagebuttensamenöl etabliert. Daneben kursiert der Oberbegriff Rosa mosqueta oder einer der darunter gefassten Arten, allen voran die Rosa rubiginosa. Kosmetisch sind alle Arten sicher als gleichwertig anzusehen, zumal es für den Verbraucher sehr schwierig bis unmöglich ist, aufgrund der verwirrenden Taxonomien eindeutig zu bestimmen, welches Öl er als Rosa mosqueta in den Händen hält.

Chile gilt heute als bedeutendster Produzent von Wildrosenöl; seit 1969 wurden verschiedene Hagebutten aus verschiedenen Pflückgebieten systematisch katalogisiert, vermessen und chemisch analysiert. Fruchtgröße, Feuchtigkeits- und Vitamin-C-Gehalt der Arten variieren deutlich, je nach Anbaugebiet und Art.

Heckenrose

Rosa canina Seed Oil

  • Wirkstofföl | Ölgruppe: W-1
  • Jodzahl: 152–176
  • Verseifungszahl: 189–193
  • HLB-Wert: 7
  • Schmelzbereich: -15 bis 0 °C
  • Typ: trocknend
  • Spreitwert nach Olionatura®: mittelspreitend
  • Anteile an Unverseifbarem: 0,9–2,5 %
  • Zusammensetzung: Linolsäure (ca. 45 %), α-Linolensäure (ca. 32 %), Ölsäure (ca. 15 %), Palmitinsäure (ca. 4 %), Stearinsäure (ca. 2 %), α- und γ-Tocopherole (insgesamt ca. 32–47 mg/100 g), Carotinoide, Flavonoide, möglicherweise (an ungesättigte Fettsäuren gebundene) all-trans-Retinsäure
  • Haltbarkeit (nach Anbruch des Gebindes): ca. 3 Monate
  • Kosmetischer Einsatz: Hervorragendes Wirkstofföl für trockene, reife Haut, entzündliche Haut. Traditionelles, bewährtes Öl zur Behandlung von Narben und Nachbehandlung von Pigmentflecken.

Fettes Wildrosenöl riecht nicht nach Rosen: der hohe Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren bedingt den bei nativer Qualität charakteristischen Geruch von Wildrosenöl, der dem dezent-nussigen Aroma eine leicht »fischige« Note geben kann. In der Farbe variiert Wildrosenöl aus den Samen zwischen Hell- bis Goldgelb; Öl aus der ganzen Frucht ist rötlich, raffniertes sehr hell.

Inhaltsstoffe von Wildrosenöl

Wildrosenöl weist einen hohen Gehalt an Alpha-Linolensäure auf (ca. 33%). Daneben ist das Fettsäuremuster durch Linolsäure und einen nur sehr geringen Gehalt an gesättigten Fettsäuren geprägt, der es als leichtes, schnell einziehendes und oxidativ nicht sehr stabiles Öl kennzeichnet.

In der Fach- und Sachliteratur werden seine kosmetischen Qualitäten gelobt: Neben einem hohen Anteil an der 3-fach ungesättigten Alpha-Linolensäure gilt die all-trans-Retinsäure als wesentliche Wirkkomponente dieses wertvollen Pflanzenöls. Diese Ansicht fußt auf einen Fachartikel des Journals der American Oil Chemists‘ Society1:

The main bioactive component of rosehip oil is all-trans-retinoic acid (or tretinoin), a natural precursor of vitamin A that is known to be responsible for restoring and rebuilding tissue.

J. Concha, C. Soto, R. Chamy, M.E. Zúñiga: Effect of Rosehip Extraction Process on Oil and Defatted Meal Physicochemical Properties.

Interessant an dieser Aussage ist, dass Vitamin A nach gängiger Lehrmeinung ausschließlich im tierischen Organismus vorkommt: Menschen nehmen es in Form von Retinol und Retinylestern aus tierischen Lebensmitteln und/oder über in Pflanzen enthaltene Vorstufen von Vitamin A ( Carotinoide) auf. Diese liegen in Pflanzen in der Regel gebunden an Lipide, Proteine und Kohlenhydrate vor. Die Frage ist: Kann sich ein Derivat bzw. die Endstufe eines Metabolismus, die nur im tierischen Organismus u. a. aus pflanzlichen Ausgangsstoffen gebildet wird, in in einem pflanzlichen Öl befinden? Wenn ja: Wie wäre dies möglich?

Nach langer Online-Recherche stieß ich endlich auf den Fachartikel, auf den sich offenbar alle Autoren beziehen, die den Gehalt an all-trans-Retinsäure in Wildrosenöl postulieren: Auf die in spanischer Sprache verfasste Arbeit von B. Pareja und H. Kehl2 des Instituts für Pharmakologie an der Universität Lima in Peru. Mit Hilfe einer Spanisch-Dozentin konnte ich den Artikel übersetzen:

Este hecho nos hace pensar que el ácido trans-retinoico contenido  en la Rosa mosqueta presenta todos los efectos benéficos de éste y carece de sus efectos secundarios y que esto se debería a que el ácido está contenido en un sistema multifásico, acompanada de ácidos grasos no saturados, y otros componentes como los taninos con los que posiblemente forme complejos que hacen que tengan una liberación lenta, diriamos, casi controlada, lo que evitaria la hiperdosificatión.

B. Pareja, H. Kehl: Contribution a la identificacion de los principios activos en el acete de rosa rubiginosa.

(Übersetzt etwa:) Diese Tatsache lässt uns vermuten, dass die in Rosa Mosqueta enthaltene trans-Retinsäure in dieser ihre Vorteile präsentiert, ohne ihre Nebenwirkungen aufzuweisen, möglicherweise weil die Säure in einem mehrphasigen System enthalten ist, begleitet von ungesättigten Fettsäuren und andere Komponenten wie Tanninen, die möglicherweise Komplexe bilden, die eine langsamere, wir würden sagen, kontrollierte Freisetzung bewirken, was eine Überdosierung verhindern würde.

Die Anwesenheit von all-trans-Retinsäure bestätigt 2006 oben bereits zitierte Facharbeit1, in der ihr Gehalt mit 0,1 bis 0,3 mg/Liter, das sind ca. 0,00001 % bis 0,00003 %, notiert wird. Stellen wir also als erstes Ergebnis fest: Es gibt Nachweise von all-trans-Retinsäure im Wildrosenöl.

Dennoch ist die Aussage über die Anwesenheit von all-trans-Retinsäure in Wildrosenöl in der Fachwelt umstritten3: Weitere Tests am King’s College in London konnten keine all-trans-Retinsäure nachweisen, obwohl in diesen gezielt nach dieser Substanz gesucht wurde. Offenbar ist der Gehalt in der Regel so niedrig – wenn wir die eben zitierte Menge lesen, kann man dies nur bestätigen – , dass ein Nachweis nicht in allen Fällen gelingt. In Proben nativen, in der Farbe rötlichen Öls zeigt sich in oben genannter Studie1 ein bis zu 7-fach höherer Gehalt an all-trans-Retinsäure gegenüber einem durch Lösungsmittel gewonnenen, in der Farbe hellgelben (jedoch nicht raffinierten) Öls (a. a. O., S. 773):

Significant differences in all-trans-retinoic acid content are observed
for oil recovered through cold pressing processes, which
is seven times higher than for oil obtained by chemical extraction.

J. Concha, C. Soto, R. Chamy, M.E. Zúñiga: Effect of Rosehip Extraction Process on Oil and Defatted Meal Physicochemical Properties.

Es scheint, als spiele der Gehalt an Carotinoiden im gewonnenen Öl eine entscheidende Rolle. Ein Gespräch mit einer Chemikerin und Expertin auf dem Gebiet pflanzlicher Öle eröffnete einen weiteren interessanten Aspekt: Beta-Carotin kann enzymatisch zu Retinol gespalten werden. »Möglicherweise«, vermutet sie,  »sind in besonders schonend gewonnenen Wildrosenölen solche Enzyme noch aktiv vorhanden, so dass die Spaltung von Beta-Carotin zu Retinol und die Oxidation zu Retinsäure tatsächlich möglich ist«. Interessant ist, dass eine Firma, die raffininiertes Öl im pharmazeutischen Kontext anbietet, keinen Hinweis auf all-trans-Retinsäure gibt – im raffinierten Öl ist sie nach bisherigem Kenntnisstand eher nicht vorhanden.

Es gäbe noch einen weiteren gedanklichen Ansatz, wenngleich er größere Unsicherheiten birgt: Es ist möglich, dass die Biosynthese für Beta-Carotin in den gepressten Saaten einfach noch nicht vollständig beendet war, z.B. bei der Verwendung von unreifen Früchten. In diesem Fall könnten sich im Öl befindliche Isopren-Einheiten Ausgangsstoffe für chemische Strukturen sein, die in der Analyse auf all-trans-Retinsäure deuten. Ein weites Feld … wir werden akzeptieren müssen, dass das Gebiet der Synthese von Stoffen in natürlichen Prozessen eines ist, das noch lange Zeit Fragen aufwerfen wird. In beiden genannten Fällen müssten wir jedoch konstatieren, dass an der Lehrmeinung (Vitamin A komme ausschließlich in tierischen Organismen vor) nichts Falsches ist – und Wildrosenöl durch seine Carotinoide einen Precursor für all-trans-Retinsäure enthält, die durch enzymatische  (oder durch nicht vollendete metabolische) Prozesse gelegentlich nachweisbar wird. Ich gehe davon aus, dass die Autoren meines zitierten Fachartikels diesen Sachverhalt ausgedrückt haben.

Als Fazit bleibt: Wenn, dann finden wir Spuren (und wirklich nur minimalste Spuren) der all-trans-Retinsäure in schonend gepressten, nativen Ölen. Achten Sie darauf, ein durch die enthaltenen Carotinoide intensiv rötlich gefärbtes Wildrosenöl zu kaufen und meiden Sie raffinierte oder durch Lösungsmittel extrahierte Produkte. Ungeachtet dessen bleibt dieses Öl durch seinen (nachgewiesen hohen) Gehalt an Alpha-Linolensäure ein wundervolles Wirkstofföl, das unsere Hautpflege vortrefflich unterstützen kann.

In verschiedenen Quellen wird der hohe Vitamin C-Gehalt des Wildrosenöls gelobt. Meine Recherchen und Nachfragen bei verschiedenen Institutionen (u. a. die Deutsche Gesellschaft für Fettwissenschaft, der Fakultät der Ernährungswissenschaften der Uni Hohenheim und einer auf Öle spezialisierten Chemikerin) bestätigten einhellig, dass fette Öle keine nennenswerten Mengen an wasserlöslichen Vitaminen aufweisen und es sich um einen Übertragungsfehler der Inhaltsstoffe der Hagebutte auf das Öl handle, der seitdem unreflektiert von Quelle zu Quelle weiter gegeben werde (wie bei anderen Ölen, denen Gehalte an Vitamin C oder solchen aus der B-Reihe nachgesagt werden).

FettsäureLAP Forchheim (2001)¹Aitzetmüller (1995)²
Pamitinsäure4,23,7
Stearinsäure2,01,7
Ölsäure15,313,9 (Δ9c)
Linolsäure46,244,1
α-Linolensäure33,632,7
Quelle: ¹ Landesanstalt für Pflanzenbau Forchheim, ² Datenbank SOFA (Seed Oil Fatty Acids) der BfEL Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel)
Fettsäurespektrum von Wildrosenöl (Rosa canina Seed Oil)
Fettsäurespektrum von Wildrosenöl
(Rosa canina Seed Oil)

Kosmetischer Einsatz von Wildrosenöl

Wildrosenöl unterstützt die Hautregeneration und eignet sich optimal zur Behandlung von trockener, schuppiger Haut, Pigmentflecken und Narben. Natives, durch den hohen Gehalt an Carotinoiden rotgelbes Wildrosenöl hat eine regenerierende, die Durchblutung und Collagenproduktion fördernde Wirkung, die der Haut hilft, hauteigenes Wasser besser zu speichern.

Wildrosenöl regt die Zellerneuerung an und gilt als wirksames, verträgliches Gesichtsöl für trockene, reife, aber auch entzündliche Haut. In Kombination mit Nachtkerzenöl und dessen Gehalt an Gamma-Linolensäure (ca. 9 %) ergibt es eine hervorragende Kombination für oben genannte Hauttypen. Kombinieren Sie Wildrosenöl in Emulsionen mit einem ölsäurehaltigen Basisöl (z. B. Mandel-, Argan- oder Marulaöl, um ein Fettsäurespektrum abzudecken, das die Barriereschicht der Haut stabilisiert und langfristig glättet. Da es oxidativ nicht stabil ist, sollte Wildrosenöl im Sommer ausschließlich in Cremes oder Seren für die Nacht, nicht jedoch in Tagespflege-Präparaten eingearbeitet werden.

Quellen

  1. J. Concha, C. Soto, R. Chamy, M.E. Zúñiga: Effect of Rosehip Extraction Process on Oil and Defatted Meal Physicochemical Properties. Journal of the American Oil Chemists‘ Society 83, S. 771–775, 2006
  2. B. Pareja, H. Kehl: Contribution a la identificacion de los principios activos en el acete de rosa rubiginosa. An. Real. Acad. Farm. 1990, 56: 283-294
  3. A. Benaiges: Aceite de rosa mosqueta. Composición y aplicaciones  dermocosméticas. 2008
  4. Joublan, J.P., M. Berti, H. Serri, R. Wilckens, F. Hevia, and I. Figueroa: Wild rose germplasm evaluation in Chile. 1996, p. 584–588. In: J. Janick (ed.), Progress in new crops. ASHS Press, Arlington, VA.

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