Grün eingefärbtes Duschgel

Shampoo- und Duschgelrezepte entwickeln

Dossier »Shampoos und Duschgele herstellen« Teil 4

In den vorherigen Beiträgen des Dossiers haben wir die Zusammensetzung klassischer Naturkosmetik-Shampoos verglichen, unterschiedliche Tensidklassen kennengelernt und gesehen, wie man die Anteile an waschaktiven Substanzen (WAS) berechnet. In diesem letzten Teil des Dossiers erfahren Sie, welche Komponenten in Shampoo- und Duschgel-Formulierungen notwendig und sinnvoll enthalten sind, um milde, wirksame und pflegende Produkte zu entwickeln. Diese Kenntnisse helfen auch, vorliegende Rezepte einschätzen zu können und Ingredienzien ggfs. sinnvoll auszutauschen.

Grün eingefärbtes Duschgel

Alle Teile des Dossiers

  1. Kaufshampoos analysiert
  2. Tenside auswählen
  3. Tenside berechnen
  4. Shampoo- und Duschgelrezepte entwickeln

Wasser

Hauptingredienz in einem Reinigungspräparat ist Wasser (bevorzugt stilles, elektrolytarmes Mineralwasser bzw. destilliertes Wasser).

Tenside

Die Mischung der verwendeten Tenside ist grundlegend für die Wirkung des fertigen Produkts. Wie Sie gelernt haben, werden in einem kosmetisch angenehmen Produkt immer mehrere Tensidklassen gemischt, um charakteristische Eigenschaften (Schaumbildung, Waschvermögen, Viskositätsregelung, Pflegeverhalten) auf ein gewünschtes Endergebnis abzustimmen. Hier sind es spezifische chemische Wechselwirkungen, die genutzt werden, um das Produkt zu optimieren.

In konventionellen Kaufprodukten werden Sie vor allem die Kombination der anionischen Fettalkoholsulfate wie Natriumlaurylsulfat (Sodium Lauryl Sulfate, kurz SLS) oder Natriumlaurylethylsulfat (Sodium Laureth Sulfat, kurz SLES) mit dem amphoteren Kokosbetain (Cocamidopropyl Betaine) vorfinden. Dies hat vor allem preisliche Gründe: SLS und SLES sind im Vergleich zu den modernen anionischen aminosäurebasierten Tensiden oder nichtionischen Alkylpolyglucosiden, wie sie in der Naturkosmetik bevorzugt eingesetzt werden, deutlich günstiger. Ihre in Studien nachgewiesene hautreizende und irritationsfördernde Wirkung wird durch den Zusatz des amphoteren Kokosbetain gemildert: In Kombination bilden sich große anionisch-kationische Komplexe, die das Irritationspotential der Mischung deutlich senken. Daneben wirken Betaine als Schaumverstärker; sie erhöhen die Menge des Schaums und die Größe der Blasen.

Naturkosmetische Konzepte setzen vor allem auf milde, biologisch abbaubare anionische und nichtionische Tenside. Beide weisen eine sehr gute Reinigungskraft auf, sind jedoch deutlich milder und hautfreundlicher – aber eben auch deutlich teurer – als die klassischen Duos aus Fettalkoholsulfat/Kokosbetain. Hier können zugesetzte amphotere Tenside oder amphoter wirkende Lipide das Endprodukt hinsichtlich der Nasskämmbarkeit der Haare verbessern. Eine ähnliche Funktion ist jedoch auch durch andere Zusätze zu erreichen: Neben amphoteren Tensiden bestimmen vor allem die Zusätze an konditionierenden und wasserbindenden Substanzen die kosmetischen Eigenschaften eines Shampoos.

Schaumverhalten

Das Schaumverhalten hat übrigens nur bedingt mit der Konzentration an WAS zu tun; dieses wird vor allem durch die Auswahl und Kombination der Tenside gesteuert. Hinweise zum Schaumvermögen einzelner Tenside finden Sie in den Rohstoff-Portraits.

Konzentration an waschaktiven Substanzen (WAS)

Die Konzentration an waschaktiven Substanzen (kurz WAS, englisch active matter) für Duschgele und Shampoos wird in der Literatur mit ca. 10–15 % angegeben, bei Duschgelen findet man nicht selten auch WAS-Gehalte um die 8 %, bei Shampoos bisweilen Gehalte bis 20 % WAS. Diese Einsatzmenge orientiert sich zum einen an einer Konzentration, die – auch pur aufgetragen  – die Haut nicht reizt, auf der anderen Seite genügend Ergiebigkeit gewährleistet. Ein weiterer Vorteil ist, dass Produkte in diesem WAS-Bereich geringer konserviert werden müssen, weil sie eine gewisse Eigenkonservierung mitbringen. Ich rate Ihnen daher, ihre Produkte lieber vor der Verwendung mit Wasser zu verdünnen, in der Flasche jedoch hautfreundliche 10–15 % WAS als Orientierung beizubehalten. Entscheidend ist die Konzentration der WAS, die auf Ihre Haut gelangt, nicht die in der Flasche, wobei höhere WAS-Werte im Endprodukt aufgrund der nicht notwendigen oder geringer ausfallenden Konservierung und der höheren Ergiebigkeit aus dieser Perspektive sehr sinnvoll sind.

Wirk- und Pflegestoffe

In Rinse-Off-Produkten (also solchen, die wieder abgewaschen werden und nicht auf Haut und Haar verbleiben), sind einige pflegende Substanzen sinnvoll, da sie einen direkten rückfettenden oder irritationsmildernden Effekt bewirken. Im Wesentlichen nutzen wir folgende Gruppen:

Rückfetter und Konditionierer

Um den reinigenden Effekt zu mildern, der naturgemäß auch mit einem Herauslösen von Fetten aus der Haut- oder Haaroberfläche verbunden ist, werden Reinigungspräparaten Lipide (Fette) zugesetzt, die sich als dünne Schicht auf den Haaren verteilen und ihre Kämmbarkeit verbessern. Fette in einem tensidischen Produkt binden sich an die Tensidmoleküle und mindern in Folge die Waschkraft; es gilt daher, die Konzentration an WAS und die Menge an hinzugefügten Fetten gezielt aufeinander abzustimmen. Bei trockener Haut oder sprödem Haar ist ein Zusatz unabdingbar, weil die zugefügten Fette durch ihre Haftung an der Haut- oder Haaroberfläche auch einen schützenden Film hinterlassen. Die Einsatz-Konzentration ist vom Haut- bzw. Haarzustand abhängig und kann bis zu 3 % betragen. Bei stark geschädigtem Haar ist eine höhere Dosierung möglich; bei normalem oder schnell fettendem Haar reduzieren Sie den Anteil auf 0,5–1 %.

  • Glättende pflanzliche Lipide wie Brokkolisamenöl, Krambeöl und Squalan. Besonders effektiv: hochspreitende Esteröle wie Dermofeel® sensolv (Isoamyl Laurate).
  • Wasserbindende Sterole wie Lanolin, Avocadin® und Phytosteryl Macadamiate
  • Rückfettende und konsistenzgebende Lipide wie Lamesoft® PO 65 oder Dermofeel® P-30 (PCA Glyceryl Oleate).

Haut- oder Haarkonditionierer haben die Aufgabe, auf das Keratin der Oberfläche substantiv aufzuziehen und sich dort anzulagern. Das können sie, weil sie eine andere Ladung aufweisen als die Haut- oder Haaroberfläche. Sie wirken glättend, schützend und mildern die entfettende Wirkung des Produkts. Neben einigen (vorwiegend kationischen) Tensiden, die deutlich konditionierend wirken, aber ökologisch und dermatologisch kritisch bewertet werden (z. B. Incroquat), verwenden wir vor allem

  • kationische Fettsäureamidoamine wie Stearamidopropyl Dimethylamine (TEGO® Amid S 18), »grüne« Esterquats wie Aminosensyl® HC oder Emulsense® HC,
  • Proteinderivate wie Seiden- und Weizen-, Kollagen- und Milchproteine (0,5–1 %).
  • Auch Fluidlecithine (Lysolecithin o. a.) lassen sich gut einarbeiten und wirken bei einem ph-Wert von pH 5 und niedriger kationisch und konditionierend.

Feuchtigkeitsbindende Substanzen

Sie mildern die entfettende Wirkung des Reinigungs-Produkts auf die Kopfhaut und binden Feuchtigkeit auf der Oberfläche des Haares. Geeignet sind u. a.:

  • Glycerin, Sorbit, Sodium PCA oder Natriumlaktat (1–5 %)
  • Panthenol (0,5–1 %).
  • Aloe Vera (als Teil oder als ganze Wasserphase)

Spezielle Wirkstoffe

Für bestimmte Haut- oder Haarzustände oder gewünschte Wirkungen können pflanzliche Extrakte hinzugefügt werden. Beliebt sind anregende, erfrischende Zusätze (z. B. Menthol), straffende und durchblutungsanregende Extrakte (aus Algen, Efeu, Rosmarin usw.) oder beruhigende und entspannende ätherische Öle (z. B. Lavendel- oder Rosenöl). Sichtbare kosmetische Effekte sind bei einigen Zusätzen wahrscheinlich weniger zu erwarten. Die Einsatzkonzentration von Pflanzenextrakten liegen in Rahmenrezepturen um ca. 1 % eingesetzt, ätherische Öle werden vergleichbar dosiert.

Hilfsstoffe

Viskositätsregler

Konsistenzgebend sind neben einigen Tensiden vor allem Lamesoft® PO 65 (2–5 %), Steinsalz (Kochsalz, bei sulfathaltigen Tensiden; hier beginnt man mit geringen Mengen und tastet sich an die optimale Dosierung heran) sowie Xanthan (bei Tensidmischungen ohne Sulfate). Lamesoft® PO 65 und Salz werden gerne zum Schluss eingerührt, um in Verbindung mit einem sauren pH-Wert eine kontrollierte Verdickung zu erzielen. Zu viel Salz kann das Gegenteil bewirken und ein tensidisches Produkt wieder verflüssigen. Hier gilt es, für jede Rezeptur die optimale Menge zu ermitteln.

Heike

Hinweis

Die Hobbythek empfiehlt für diesen Zweck Rewoderm. Ich verwende dieses Produkt nicht, weil es PEG-basiert ist. PEG, Polyethylenglycol, und seine Derivate sind aus verschiedenen Gründen umstritten: So werden sie aus gesundheitlich kritischen Substanzen wie Ethylenoxid gewonnen, gelten als hautirritierend, sind nicht biologisch abbaubar. Als effektive grenzflächenaktive Substanzen interagieren sie mit der Haut und erhöhen ihre Durchlässigkeit für topisch aufgetragene Substanzen. Das tun auch naturkosmetik-konforme Emulgatoren, aber aufgrund der hautphysiologischen Zusammensetzung werden diese auf der Haut gespalten und verlieren ihren tensidischen Charakter. PEG-Verbindungen bleiben hingegen intakt.

Konservierung

Konservieren müssen Sie Reinigungsprodukte nicht in gleichem Maße wie Emulsionen, da die enthaltenen Ingredienzien bereits selbst teilweise konservierend wirken. Alkohol ist begrenzt geeignet (um Menthol aufzulösen, brauchen Sie ihn in jedem Falle), mindert jedoch die Schaumbildung. Geeignet sind z. B. 0,3 % Rokonsal™ BSB-N oder ca. 3 % Dermofeel® 1388 ECO. Je weniger WAS sie verwenden, desto stärker muss das Produkt konserviert werden. Konservierungstechnisch ist es sinnvoller, einen WAS-Anteil von 12–15 % anzustreben und das Produkt frisch vor der Anwendung zu verdünnen.

pH-Wert-Regulierung

Viele Tenside sind ausgeprägt basisch, daher ist es notwendig, den pH-Wert eines tensidischen Produkts zu prüfen und ggfs. mit etwas Milch- oder Zitronensäure auf ca. 5–5,5 einzustellen. Diese Maßnahme soll nicht nur die Hautverträglichkeit erhöhen: Viele Tenside und Rückfetter wie Lamesoft® PO 65 dicken beispielsweise erst bei einem pH-Wert unter 5,5 an. Betaine wirken ebenfalls erst bei einem pH-Wert kleiner/gleich pH 5 kationisch. Auch für Konservierungsmittel auf Basis organischer Säuren wie Rokonsal™ BSB-N ist ein pH-Wert in diesem Bereich unabdingbar, um ihre konservierenden Eigenschaften zu entfalten.

Farb- und Duftstoffe

Zur Färbung eignen sich sehr gut Lebensmittelfarben, wie sie für Backwaren, Puddings usw. üblich sind. Sie lösen sich sehr gut und sind gesundheitlich unbedenklich. An Duftstoffen stehen ätherische Öle zur Auswahl, die gleichzeitig kosmetische Wirkungen aufweisen können. Letztere sollten mit einem Lösungsvermittler eingearbeitet werden (Dermofeel® G 10 LW o. a.).

Shampoo für verschiedene Haarzustände

Kommerzielle Shampoos werden für unterschiedliche Haartypen angeboten, z. B. Shampoos für schnell fettendes Haar, feines Haar, trockenes und sprödes Haar, coloriertes und dauergewelltes Haar, Shampoos für Babys, 2in1-Shampoos und andere Produkte für beinahe jede denkbare Anwendungssituation. Wenn Sie sich die Mühe machen, die Shampoos einer Firma vergleichend im Hinblick auf ihre Zusammensetzung zu analysieren, werden Sie überrascht feststellen, dass die Grundkonzeption dieser Produkte von den Tensiden her in der Mehrheit absolut identisch ist. Sie unterscheiden sich im Detail, d. h. in den Zusätzen und in der Höhe der Konzentration an waschaktiven Substanzen (WAS).

Quellen

  1. Wilfried Umbach (Hrsg.), Kosmetik. Entwicklung, Herstellung und Anwendung kosmetischer Mittel. Thieme, 2. Auflage 1995
  2. S. Ellsässer, Körperpflegekunde und Kosmetik. Springer Verlag 2000
  3. Eberhard Heymann, Haut, Haar und Kosmetik. Verlag Hans Huber 2003

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