Milchsäure (Lactic Acid)

Milchsäure

PH-Wert-Regulator und feuchtigkeitsbindender Wirkstoff

INCI: Lactic Acid

Milchsäure, auch 2-Hydroxypropionsäure genannt, ist mit ca. 8 % Bestandteil der wasserlöslichen Substanzen, die auf der Hautoberfläche einen hygroskopischen Film ausbilden und zur Feuchthaltung des Stratum Corneum beitragen: Dem Natural Moisturizing Factor (NMF). Daneben reguliert sie als Bestandteil des hauteigenen Säureschutzmantels den physiologischen pH-Wert und kontrolliert damit die bakterielle Besiedlung der Haut.

Wir kaufen Milchsäure als farblose bis gelbliche, viskose und hygroskopische Flüssigkeit mit leicht charakteristischem Geruch. Auf dem Markt ist in der Regel 80%ige Milchsäure erhältlich (Arzneimittelbuch-Qualität weist eine 90 %ige Konzentration auf); sie wird in Europa primär fermentativ mit Lactobacillus-Arten (z. B. Lactobacillus casei und Lactobacillus bulgaricus) auf Basis von Zuckern produziert oder chemisch synthetisiert.

Milchsäure (Lactic Acid)

Lactic Acid

  • CAS-Nummer: 598-82-3
  • Funktion: Wirkstoff
  • Dosierung: In Emulsionen 0,7 (exakt 0,675) % Milchsäure, kombiniert mit 2 % Natriumlaktat-Lösung (60%ig).
  • Wirkung: pH-Wert-regulierend, verhornungsregulierend, befeuchtend, keratolytisch bei pH < 4
  • Verarbeitung: In die handwarme oder kalt gerührte Emulsion einrühren. Grundsätzlich nach dem Konservierungsmittel hinzufügen.

Wirkung und kosmetischer Einsatz

Milchsäure zählt zu den α-Hydroxysäuren (AHA, engl. Alpha Hydroxy Acid), schwache organische Säuren mit unterschiedlichen, pH-Wert-abhängigen kosmetischen Wirkungen. Ihre 3 C-Atome definieren sie als kurzkettige α-Hydroxysäure, die eine höhere Aktiviät aufweisen als langkettige.

Gering dosiert verringern α-Hydroxysäuren den Zusammenhalt (die Kohäsion) der Korneozyten (Hornzellen) im Stratum Corneum und wirken dadurch regulierend auf die Verhornung. Das Stratum Corneum wird dünner und flexibler, davon profitieren Hautbilder wie unreine Haut, Akne, Psoriasis und Ichthyosen. Voraussetzung für diese keratolytische Wirkung ist jedoch ein saurer pH-Wert: Dermatologisch werden pH 3–4 eingestellt, zuhause sollten wir mit diesen niedrigen pH-Werten äußerst vorsichtig umgehen. Ich empfehle Ihnen, pH 5 nicht wesentlich zu unterschreiten; dieser pH-Wert stellt einen guten Kompromiss zwischen Wirkung und Irritationsrisiko dar. Ab pH 6 ist kein keratolytischer Effekt mehr zu erwarten.

Neben der verhornungsregulierenden Wirkung zeigt Milchsäure einen deutlich hydratisierenden wie pH-Wert-regulierenden Effekt. Hier ist es sinnvoll, sie im Zusammenhang mit Natriumlaktat zu betrachten: Im menschlichen Organismus ist das Natriumsalz der Milchsäure, Natriumlaktat, ein Produkt der anaeroben Glycolyse, einem Prozess des Schweißdrüsen-Stoffwechsels. Beide, Milchsäure und Natriumlaktat, sind in Kombination effektive, hautphysiologische und verträgliche Hydratisierer und pH-Stabilisatoren in Hautemulsionen, Shampoos, Haarkuren, Conditionern und Deo-Zubereitungen. Sie bilden zusammen eine Pufferlösung, die den pH-Wert der Haut in einem physiologisch günstigen, schwach sauren Bereich hält und das Wachstum hautfremder Mikroorgansismen hemmt. Je nachdem, ob basische oder saure Substanzen in Hautkontakt kommen, werden ihre Ionen durch das Natriumsalz oder die Milchsäure neutralisiert und der pH-Wert auf diese Weise gepuffert, also stabil gehalten (1).

Bei Einarbeitung von Urea in eine wässrige Lösung (z. B. in einer O/W-Emulsion) kann es in der Emulsion, vor allem bei Wärmeeinfluss, zur Zersetzung des Harnstoffs, der Freigabe von Ammoniak und einem Anstieg des pH-Werts kommen. Milchsäure kann in Verbindung mit Natriumlaktat den Zerfall des Harnstoffs nicht verhindern, aber den damit verbundenen Anstieg des pH-Werts – und in Folge einen möglichen Wirkungsverlust verwendeter Konservierungsmittel (Rokonsal™ BSB-N, Kaliumsorbat), die einen schwach sauren pH-Wert voraussetzen, um wirken zu können (2).

Risiken der α-Hydroxysäuren

Grundsätzlich gilt für alle α-Hydroxysäuren: Je höher die Einsatzkonzentration und niedriger der pH-Wert der Grundlage (dann erst liegen sie in freier und damit wirksamer Form vor), desto ausgeprägter sind die Wirkungen, gleichzeitig steigt die Tendenz zu Hautirritationen wie Rötungen, Abschuppen, Brennen u. a. Reaktionen deutlich an. Überlassen Sie Anwendungen über die hier beschriebenen Einsatzkonzentrationen (nicht mehr als 1 %!) hinaus bitte Ihrem Dermatologen, kontrollieren Sie den pH-Wert Ihrer Produkte: pH 5–5,5 stellt einen hautphysiologischen und sanften Kompromiss zwischen Wirksamkeit und Risiko dar.

Verarbeitung von Milchsäure

Milchsäure ist sehr gut wasser-, glycerin- und alkohollöslich (bei über 90 %vol.) und nicht hitzempfindlich. Wenn Sie mit Kaliumsorbat oder Rokonsal™ BSB-N konservieren, sollte erst das Konservierungsmittel hinzugefügt werden, bevor sie den pH-Wert mit der Milchsäure einstellen (3).

Zur Einstellung des pH-Werts sind in der Regel bis 0,5 % Milchsäure ausreichend. Dosieren Sie in jedem Falle behutsam und tropfenweise.

Dosierung

Rohstoffshops bieten in der Regel 80%ige Milchsäure an, Natriumlaktat erhalten wir als 60%ige Lösung. Wer einen pH-Wert-Puffer nutzen möchte (z. B. weil Harnstoff eingeplant ist), kann beide kombiniert nutzen. Um annähernd das gleiche Verhältnis zwischen reinem Natriumlaktat- und Milchsäure-Anteil wie im originalen Laktatpuffer zu wahren, passen wir die die Mengen gegenüber der pharmazeutisch genutzten Version (sie nutzt eine 50%ige Natriumlaktat- und eine 90%ige Milchsäure-Lösung) leicht an. In kosmetisch orientierten, selbst hergestellten Pflegepräparaten hat sich eine Einsatzkonzentration von 2 % Natriumlaktat (60%ig) bewährt. Möchten Sie einen Puffer planen, können Sie es mit ca. 0,7 % (exakt 0,675 %) Milchsäure (80 %) kombinieren.

Zwingend notwendig ist diese Kombination in diesen Verhältnissen nicht. Seit Jahren arbeite ich sehr häufig mit meiner »entspannten« Kombination aus 0,5 % Milchsäure (80%ig) und 1,6 % Natriumlaktatlösung (60%ig). Höher als 1%ig solle Milchsäure in einer naturkosmetisch ausgerichteten Pflegeemulsion nicht dosiert werden.

Quellen

  1. Heymann, Eberhard: Haut, Haar und Kosmetik. Eine chemische Wechselwirkung – Handbuch für Körperpflegeberufe, Apotheker und Dermatologen. Bern: Verlag Hans Huber 2003
  2. Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände: Neues Rezeptur-Formularium. Rezepturhinweise Harnstoff. Eschborn: Govi-Verlag, 2008
  3. Neues Rezeptur-Formularium: Konservierung wasserhaltiger Rezepturen. Eschborn: Govi-Verlag Pharmazeutischer Verlag GmbH, 2006
  4. Neues Rezeptur-Formularium: Rezepturhinweise Milchsäure. Eschborn: Govi-Verlag Pharmazeutischer Verlag GmbH, 2009
  5. Wolfgang Raab, Ursula Kindl: Pflegekosmetik. Ein Leitfaden. Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft. 4. Auflage, 2004
  6. M. Gloor, K. Thoma, J. Fluhr: Dermatologische Externatherapie. Berlin: Springer-Verlag, 2000

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