Bienenwachs (Cera Flava, Cera Alba)

Bienenwachs

INCI: Cera Flava, Cera Alba

Bienenwachs ist ein Ausscheidungsprodukt aus den Drüsen der Honigbiene, die es zur Produktion ihrer Waben nutzt. Seine Gewinnung kann auf unterschiedliche Weise erfolgen: Durch chemische Extraktion (mit Benzin oder Xylol, nur für Laborverwendung), Ausschleudern und Schmelzen der Waben in Wasser (die erstarrte Masse wird von der Oberfläche abgenommen), seltener durch Ausfrieren, anschließend kann das Wachs in Pastillen gegossen werden. Neben naturbelassenem, durch Carotinoide aus Blütenpollen und Flavonoide aus Propolis gelblich gefärbtem Bienenwachs (Cera flava) gibt es weißes (Cera alba), das nach dem Erstarren mit Chromsäure oder Peroxiden gebleicht wird. Ecocertifizierte Qualitäten arbeiten mit nicht chemischen, patentierten Bleich-Methoden.

Bienenwachs (Cera Flava, Cera Alba)

Cera alba, Cera flava

  • CAS-Nummer: 8012-89-3
  • Funktion: Konsistenzgeber, Koemulgator
  • Schmelzpunkt: 61–65 °C
  • HLB: 4
  • RHLB: 12

Chemisch gesehen sind Wachse Lipide, deren Fettsäuren nicht mit Glycerin (wie bei unseren Pflanzenölen), sondern mit höheren einwertigen Alkoholen verknüpft sind. Bienenwachs besteht aus ca. 35–70 Fettsäureestern mit 16–36 C-Atomen, Wachsalkoholen zwischen 24–36 C-Atomen (als wichtigste Komponenten gilt hier das Myricylpalmitat), daneben Cerotinsäure (C26) und Melissinsäure (C30) sowie ca. 15 % Paraffinkohlenwasserstoffen. Durch Ester der Cerotinsäure hat es leichte emulgierende Eigenschaften. Sein HLB-Wert wird nicht einheitlich angegeben: Manche Werte zielen auf den reinen HLB-Wert (4), andere auf den sog. required HLB, also den HLB-Wert, den Bienenwachs benötigt, um emulgiert zu werden; dieser liegt bei HLB 12. Der Schmelzpunkt beträgt ca. 61–65 °C.

Im Allgemeinen gilt Bienenwachs als sehr verträgliche Fettkomponente. Durch geringe Pollenrückstände können bei entsprechender Disposition jedoch vereinzelt allergische Reaktionen erfolgen.

Wirkung und kosmetischer Einsatz

Bienenwachs wird als Konsistenzgeber und schwacher Koemulgator eingesetzt, der so genannte »Pseudo-« oder »Quasiemulsionen« vom Typ Wasser-in-Öl (W/O) bilden kann. Ein bekanntes Beispiel für diesen Emulsionstyp ist die Cold Cream, auch Kühlsalbe oder, im pharmazeutischen Kontext nach dem Deutschen Arzneimittelbuch (DAB) Unguentum leniens genannt. Sie besteht aus 7 Teilen gelbem Wachs, 8 Teilen Cetylpalmiat (Walratersatz), 60 Teilen Erdnussöl und 25 Teilen Wasser; je nach Anbieter werden andere Ingredienzien wie Hydrolate, Mandelöl usw. verarbeitet. Das Prinzip dieser »Emulsion« basiert auf der hohen Viskosität der äußeren Phase (hier durch Bienenwachs und Cetylpalmiat erreicht, die die innere Phase festhält, »immobilisiert«, d. h. verhindert, dass sich die Teilchen der inneren Phase zusammenfinden). Es ist keine echte Emulsion, da in einer solchen die innere Phase durch Grenzflächenfilme der Emulgatoren von der äußeren Phase getrennt werden.

In geringen Einsatzkonzentrationen und in Kombination mit Lecithinen als Emulgatoren gibt es leichte Konsistenz und bildet einen zarten, einhüllenden Schutzfilm, der besonders bei trockener, spröder und gereizter Haut ausgesprochen wohltuend wirkt. Mit klassischen Emulgatoren eingesetzt lehnen ihn viele als zu wachsig und filmbildend ab, da Glycerinstearat SE, Emulsan und Co per se einen leicht wachsigen Film erzeugen. Hier rate ich eher zu Shea- oder anderen Pflanzenbuttern als Konsistenzgeber. Wenn Sie zu Trockenheit neigende Haut haben, jedoch keine schweren Emulsionen mögen, probieren Sie einmal ölsäurebetonte Emulsionen um die 30 % Fettphase, Lysolecithin, Phytosteryl Macadamiate und 1 % Bienenwachs.

Neben seinem Einsatz in Emulsionen wird Bienenwachs gerne als schmelzpunkterhöhende Komponente in Body Melts (Massagebars) und in Rezepturen für die Lippenpflege bzw. dekorative Kosmetik eingesetzt. In geringer Einsatzkonzentration ist es auch in Haarpflegeprodukten als schützende, Glanz und Halt gebende Zutat sinnvoll aufgehoben.

Verarbeitung von Bienenwachs

Bienenwachs sollte in der Fettphase in Öl klar aufgeschmolzen, aber nicht zu hoch erhitzt werden. Die Wasserphase soll die gleiche Temperatur aufweisen, um plötzliches Aushärten zu vermeiden.  Tipp: Verwenden Sie es nicht in Produkten für die Badewanne (bisweilen kursieren Rezepte für Badepralinen, Bath Melts usw. mit Bienenwachs im Internet); bei kühleren Temperaturen härtet das Wachs aus und setzt sich unangenehm am Wannenrand ab.

Dosierung

In O/W-Emulsionen empfehle ich Einsatzkonzentrationen von 0,5–1 %. In W/O-Emulsionen sind höhere Dosierungen um die 5 % üblich.

Bienenwachs ersetzen

Bio-Bienenwachs ist ein wunderbares Naturprodukt, aber unabhängig davon wünschen manche Verbraucherinnen und Verbraucher einen rein pflanzlichen Ersatz.

In Lippenstiften empfehle ich eine Mischung aus dem amorphen Beeren- oder Japanwachs mit einem hochschmelzenden, eher kristallinen Wachs. Folgende Tabelle orientiert sich an dem Mittelwert üblicher Schmelzbereiche für die aufgeführten Pflanzenwachse und zielt rechnerisch auf einen Schmelzpunkt der Mischung von 63 °C. Sie müssen sich jedoch bewusst sein, dass diese Angaben nur Anhaltspunkte sind: Jedes Wachs erzeugt je nach Ölauswahl (d. h. je nach Polarität, Viskosität und Fettsäurestruktur) eine spezifische Produktmatrix, die Einfluss auf den Schmelzpunkt des Endprodukts hat, und es gibt naturgemäß Schwankungen im Schmelzbereich einzelner Chargen. Exakte Ergebnisse lassen sich nur durch Tests ermitteln.

Beeren- oder Japanwachskombinieren mit
37 %63 % Candelillawachs
64 %36 % Carnaubawachs
59 %41 % Reiskleiewachs
54 %46 % Sonnenblumenwachs

Ein konkretes Beispiel: In der Lippenstiftformulierung wird 0,9 g Bienenwachs eingesetzt. Sie haben Beerenwachs und Reiskleiewachs zuhause. In der Tabelle lesen Sie 59 % Beerenwachs und 41 % Reiskleiewachs als Ersatz.

  • 59 % von 0,9 g entsprechen 0,59 x 0,9 = 0,53 g Beerenwachs.
  • 41 % von 0,9 g entsprechen 0,41 x 0,9 = 0,37 g Reiskleiewachs.

In Emulsionen ist der Austausch unkompliziert: Verwenden Sie Beeren- oder Japanwachs und erhöhen Sie den Anteil des verwendeten Bienenwachses um 20 %. Beispiel: Sind in der Formulierung 3 g Bienenwachs angegeben, nehmen Sie 0,6 g mehr. Alternativ können Sie selbstverständlich auch dort auf die Vorschläge der obigen Tabelle zurückgreifen. Diese haben den Vorteil, dass die Gesamtmenge des Wachses in der Formulierung erhalten bleibt und Sie keine weiteren Mengenanpassungen vornehmen müssen.

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Heike Käser | OLIONATURA®

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