Ist selbstgerührte Kosmetik grundsätzlich qualitativ besser als Kaufkosmetik?

Qualität unter die Lupe genommen

Die Motivation, Pflegeprodukte fortan selbst herzustellen, kann aus unterschiedlichen Gründen resultieren: Die reine Freude am »Do it yourself«, die oftmals hohen Preise käuflicher Alternativen, aber auch tief empfundenes Misstrauen gegenüber der Kosmetikindustrie und den dort verwendeten Inhaltsstoffen. Viele aktuelle Buchtitel schürten diffuse Ängste (Körperpflegeprodukte werden unter anderem als wahre »Gift-Cocktails« betitelt) oder suggerieren, als Selbstrührende wisse man, »was drin ist«. Selbstgerührtes erscheint als DIE Lösung in einer zunehmend als bedrohlich empfundenen industrialisierten Welt. Stimmt dies tatsächlich: Ist selbstgerührte Kosmetik grundsätzlich qualitativ besser als Kaufkosmetik?

Zunächst direkt die große Entwarnung: Es gibt hervorragende Kosmetikprodukte im Naturkosmetik-Segment. Dazu zähle ich insbesondere die Firmen, die sich an den strengen Kriterien von Organisationen orientieren, die bei ihren Rohstoffen auf Nachhaltigkeit, eine Herkunft aus kontrolliert-biologischem Anbau und auf wenige, sinnvolle und bewährte Wirkstoffe setzen.

Hochwertige Naturkosmetik verwendet wie wir weitgehend naturbelassene pflanzliche Öle und Extrakte. Spezielle Herstellungsverfahren garantieren mikrobielle Stabilität bei geringer Konservierung; auf Mineralölderivate und umstrittene chemische Zusatzstoffe wird verzichtet.

Konventionell hergestellte Kosmetik  – das ist meine persönliche Meinung – kann in der Regel mit sorgfältig zusammengestellten und auf Basis fundierter Fachkenntnis selbst gerührten Rezepturen nicht mithalten und weist ein ausgesprochen schlechtes Preis-Leistungsverhältnis auf. Ein Blick in die INCI-Liste entlarvt allzu oft den größten Teil der Ingredienzen als kostengünstige Fett- und Füllstoffe (Mineralöle, Paraffine, Silikone, Entschäumer, synthetische Farb- und Duftstoffe), deren geringe werbewirksam ausgelobten Beigaben an pflanzlichen Ölen oder Extrakten (»Mit kostbarem Arganöl« oder »Mit revitalisierendem Extrakt aus der Traubensilberkerze«) eine Qualität suggerieren sollen, die so nicht vorhanden ist. Gefährlich ist sie dennoch nicht, dafür sorgen gesetzliche Grenzwerte und strenge Vorgaben für das In-den-Verkehr-bringen von Kosmetika – jede Zigarette, die Sie freiwillig rauchen, schadet Ihnen mehr.

Im Bereich der DIY-Kosmetik (und dies gilt nicht nur für Online-Ressourcen, sondern auch für Rezepturen in Büchern) ist ein großer Teil aller Formulierungen qualitativ zweifelhaft bis – verzeihen Sie mir meine Offenheit – grottenschlecht. Viele sind nicht oder unzureichend konserviert, die Konzeption lässt eine klare Linie vermissen, es werden Rohstoffe verwendet, die PEG-basiert sind oder gesundheitlich kritisch diskutiert werden. Da findet man Zimt und Kakao als Bestandteile von Gesichtspuder, Honig in Lippenpflege-Produkten (das freut vor allen die Zahnärzte – gönnen wir Ihnen das Zusatzeinkommen) und frisch pürierte Aloeblätter in unkonservierten Lotionen. Die Konzeption wirksamer und hautgesunder Kosmetik erfordert Wissen um hautphysiologische Zusammenhänge und biochemische Wechselwirkungen, um hygienische Herstellungsverfahren und zuverlässige Konservierungsstrategien. Diese Kenntnis haben nur wenige; um sie sich anzueignen, bedarf es eines mehrjährigen Studiums, an einer Universität oder autodidaktisch.

Von daher gilt aus meiner ganz persönlichen Sicht: Ob ein kosmetisches Produkt qualitativ gut ist, entscheidet die Sorgfalt und Fachkompetenz, mit der es geplant und hergestellt wurde. Ob wir es kaufen oder selbst herstellen, ist sekundär.

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