Phasen der Herstellung von O/W-Emulsionen: Intervallmethode

Die 3-Phasen-Methode des Emulgierens

Dossier »Emulsionen herstellen« Teil 7

Seit mehreren Jahren stelle ich meine naturkosmetischen O/W-Emulsionen mit hohen Scherkräften her: Zu Beginn des Emulgierens werden Fett- und Wasserphase hochtourig dispergiert, dann rührt mein Rührwerk die noch dünnflüssige Emulsion sanft kalt. Aus purer Neugier probierte ich vor ca. 2 Jahren das erste Mal eine Variante aus, die ein erstaunliches Ergebnis brachte.

Das Verfahren des hochtourigen Rührens wird meinen langjährigen Leserinnen und Lesern vertraut sein. Teil dieser Herstellungsmethode ist – soweit möglich – ein sanftes und geduldiges Kaltrühren ohne forcierendes kaltes Wasserbad. Meine Emulsionen basieren grundsätzlich auf einem bewusst reduzierten Anteil an Emulgatoren und Fettalkoholen, und dies führt unweigerlich zu Produkten, denen die marktübliche Konsistenz fehlt – etwas, was manchen durchaus ein spöttisches Lächeln entlockt, wenn ich meine »fluiden Konsistenzen« begründe.

Was mich nun genau antrieb, kann ich heute nur noch vage ahnen: An einem Rührtag hatte ich die Idee, meine frisch kalt gerührte Emulsion auf Basis von hydriertem Lecithin und Sucrosestearat noch einmal mit dem Turrax® zu emulgieren. Möglicherweise hatte ich ein Ingredienz vergessen und fürchtete, es nicht mehr homogen eingearbeitet zu bekommen (?) … wie dem auch sei: Ich rührte noch einmal ca. 2 Minuten mit dem Turrax® und entdeckte, dass die Viskosität des Fluids deutlich anzog. In den nächsten Wochen beobachtete ich mein Fluid kritisch und suchte nach Zeichen einer Überhomogenisierung oder Phasentrennung, aber nichts geschah. Im Gegenteil: Das Fluid machte bis zum letzten Tropfen einen ausgezeichneten Eindruck.

Als ich später den Gakomix® zum Testen erhielt und feststellen musste, dass sich meine sehr dünnflüssigen heißen Phasen beim Start des Emulgierprozesses in der Kruke durch deren Boden nach außen drückten, legte ich ihn zunächst enttäuscht zur Seite. Was mich dazu anhielt, ihn doch noch einmal in einem anderen Kontext zu nutzen, ist sein Vorteil, weitgehend luftfrei zu rühren, da man den Krukenboden nach oben drücken und den Luftgehalt im Inneren der Kruke stark reduzieren kann. So nahm ich eines Tages eine mehrere Tage alte Testemulsion mit Montanov™ 68, die sich immer noch in der Kruke befand, und rührte sie rein aus Forschungsinteresse erneut mit hohen Scherkräften auf. Das folgende Foto zeigt das Ergebnis (wobei das Foto nur annähernd wiedergibt, wie kompakt die Konsistenz der Emulsion geworden ist):

Emulsion mit Montanov™ 68 nach hochtouriger Nachemulgierung

Die Konsistenz der Emulsion ist durch den nachträglichen Eintrag hoher Scherkräfte deutlich angestiegen. Im Auftrag erweist sich die Emulsion als angenehm, ohne schwer oder gar wachsig zu wirken, wie ihre hohe Viskosität optisch vermuten lässt. Sie blieb die weiteren Wochen, in der ich sie zu Beobachtungszwecken aufbewahrte, absolut stabil.

Was ist da genau passiert?

Hohe Scherkräfte zu Beginn des Emulgierens …

Wenn wir die erhitzten Phasen zusammengeben, erreichen die hohen Scherkräfte vor allem eins: Kleinst zerteilte Öltröpfchen. Je kleiner die Tröpfchen, desto länger benötigen sie zum Zusammenfließen und desto angenehmer fühlen sie sich auf der Haut an. Wir erreichen also Stabilität und hervorragende Haptik. Eine längere Phase hochtourigen Rührens ist nicht notwendig, die Tropfen werden ab einem bestimmten Punkt nicht kleiner. Erfahrungsgemäß reichen – je nach Rührwerkzeug – 2 bis 4 Minuten aus. Diese Fakten kennen wir bereits. Übrigens müssen Sie zu diesem Zeitpunkt, in dem die Emulsion noch heiß und flüssig ist, nicht befürchten, etwas kaputt zu machen.

Nun sinkt die Temperatur, und es beginnt die Ausbildung des Emulsionsgerüsts. Hier bringen wir nur moderate Kräfte ein, wir rühren sanft kalt. Bisher ist das die übliche Methode und eine sehr bewährte. Das ist sie auch nach wie vor.

… und hohe Scherkräfte zum Schluss

Wenn die Emulsion abgekühlt ist, können wir nun durch eine weitere, kurze hochtourige Phase den Prozess optimieren. Die jetzt eingebrachten höhen Scherkräfte können in der abgekühlten und viskosen Emulsion besonders effektiv einwirken, und sie fördern 2 Dinge:

  1. Zum einen werden die Öltröpfchen und die auskristallisierten Lipide noch einmal kleiner zerschlagen (das war auch meine Vermutung),
  2. zum anderen bewirken sie, dass die Tröpfchen gleichmäßiger in der Größe werden (und hier ging ich immer davon aus, dass dies bereits in der 1. Emulgierphase passiert).

Gleich große Partikel haben eine große Bedeutung für die Stabilität einer Emulsion: Nach dem Prinzip der sogenannten Ostwaldreifung wachsen größere Partikel auf Kosten von kleineren. Sind die Öltröpfchen ungleich groß, ist die Neigung der großen, sich zu noch größeren zusammenzuschließen (was letzendlich zur Trennung der Emulsion führt) ausgeprägter, als wenn sie alle gleich groß sind.

Diese feinen Öltröpfchen bilden durch intern wirkende Kräfte ein stabiles inneres Gerüst aus, das die Konsistenz der Emulsion spürbar erhöht. Diese Erkenntnis möchte ich nun in der folgenden Grafik visualisieren und als 3-Phasen-Methode verankern:

3 Phasen der Herstellung von O/W-Emulsionen

Wir starten hochtourig: Alle Rührgeräte mit hohen Scherkräften werden zu Beginn des Emulgierprozesses ca. 1–2 Minuten eingesetzt: Auf diese Weise erreichen wir eine erste Zerschlagung der Fettphase in kleine Öltröpfchen. Ich selbst rühre viele Emulsionen mit einem Laborrührwerk mit 2000 rpm (IKA RW 20), hier hat sich eine Rührdauer von erfahrungsgemäß ca. 4 Minuten bewährt, bevor ich die Emulsion sanft (bei ca. 350–450 rpm) kalt rühre. Im Vergleich zu Milchschäumer, Handmixer und Co würde ich auch dieses Gerät durchaus schon als »hochtourig« bezeichnen. Der Sprung auf Rührgeräte mit 5000–10.000 rpm bleibt jedoch spürbar.

Nun folgt ein sanftes, langsames Rühren der Emulsion bis auf Handwärme oder noch etwas kühler – manuell z. B. mit einem Spatel oder mit einem Rührwerk, das niedrige Umdrehungen realisieren kann. Nun können auf Wunsch sensible Ingredienzien hinzugefügt werden.

Optimale Ergebnisse erzielen wir, wenn wir anschließend kurz (d. h. nicht mehr als ca. 1–2 Minuten) hochtourig nachemulgieren. Nach meinen Beobachtungen können wir die Qualität und die Viskosität einer Emulsion noch einmal deutlich erhöhen. Ich führe diese Praxis seit 2012 durch, zu Beginn aus purer Neugier, welche Auswirkungen dieses Verfahren auf die Emulsion hat, später tat ich es gezielt, weil mich die Ergebnisse überzeugten. Dabei habe ich zu Beginn mit meinem Ultra Turrax® mit ca. 10.000 rpm gearbeitet, einige Male auch mit dem Gakomix®, seit einigen Jahren mit meiner IKA RW 20, bisweilen aber auch mit dem Ultra Turrax® (je nach Formulierung). Durch den hohen Energieeintrag in dieser Phase werden die inneren Öltröpfchen der Emulsion noch einmal verkleinert und in der Partikelgröße gleichmäßiger verteilt (3). Dadurch erhöht sich die Stabilität der Emulsion.

Jeder Rührprozess sollte mit einer Phase moderaten Rührens sanft ausklingen; je nach Chargengröße empfehlen sich 3–10 Minuten. Dadurch wird eventuell eingearbeitete Luft herausgerührt, und die Emulsion erhält eine homogene Textur.

Kontrolliert zur kalten Emulsion: Die Intervall-Methode

Die meisten hochtourigen Rührgeräte haben einen »Nachteil«: Sie rühren nur hochtourig, sodass das gewohnte langsame Kaltrühren mit diesen Geräten nicht möglich ist. Es gibt jedoch eine Verarbeitungsvariante, die Sie mit allen Geräten nutzen können: Ich nenne sie »Intervall-Rühren«. Wenn Sie hohe Scherkräfte kontrolliert und mit Pausen – also in zeitlichen Intervallen – einsetzen, bleibt das Emulsionsgerüst intakt. Die folgende Abbildung zeigt exemplarisch die Intervalle zwischen Rührphase und Pausen; die Anzahl der Intervalle ist abhängig von der Chargengröße.

Phasen der Herstellung von O/W-Emulsionen: Intervallmethode
  1. Konkret starten Sie mit ca. 1–2 Minuten hochtourigem Rühren, dann lassen Sie die Emulsion ca. 2 Minuten ruhen.
  2. Nach dieser Pause rühren Sie erneut ca. 1 Minute hochtourig und schließen wieder eine ca. 2-minütige Pause an. Diesen Vorgang wiederholen Sie bis auf Handwärme der Emulsion.
  3. Nach Zugabe der Wirkstoffe und der Konservierung schließen Sie mit 1–2 weiteren Intervallphasen ab. Füllen Sie die Emulsion in die vorbereiteten Behältnisse.
  4. Nach 24 Stunden Reifezeit empfehle ich noch einmal ein kurzes Rühren mit einem Spatel (was auch bei langsam kaltgerührten Emulsionen vorteilhaft ist, da sich innerhalb der folgenden 24–48 Stunden die Emulsionsgerüste festigen).

Gehen Sie entspannt ans Intervallrühren heran: Ob Sie zu Beginn 1 oder 2 Minuten rühren bzw. 1, 2 oder 3 Minuten Pause einlegen, ist nicht relevant. Allerdings empfehle ich mit zunehmender Abkühlung der Emulsion kürzere Rührintervalle: Während zu Beginn des Emulgierens, wenn die Phasen noch heiß sind, die Scherkräfte ohne Weiteres länger dauern dürfen, sollten sie mit zunehmenem Erkalten reduziert werden.

Heike
Heike Käser | OLIONATURA®

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