Lipodermin (Natipide® II)

Lipodermin (Natipide® II)

INCI: Aqua, Lecithin, Alcohol

Lipodermin ist ein gelartiges, gelbbräunliches Konzentrat aus unbeladenen Liposomen (ein Präliposomenkonzentrat), das aus ca. 14–18 % Ethanol, ca. 16 % Phosphatidylcholin und Wasser besteht. Bei Kontakt mit Wasser bilden sich vollständig geschlossene multilamellare Liposome aus. In ihren ca. 4–6 zentrisch angeordneten Doppelmembranen können sowohl wässrige als auch lipophile Substanzen eingebunden werden.

Lipodermin (Natipide® II)

Aqua, Lecithin, Alcohol

  • CAS-Nummer: 308069-41-2
  • Funktion: Präliposomenkonzentrat
  • Dosierung: In Liposomengelen 15 %, als Wirkstoff in Emulsionen ca. 3 %, in Oleogelen bis zu 10 %.
  • Wirkung: Feuchtigkeitsbindend, verhornungsregulierend, fördert den Talgabfluss.

Was hinter diesem bewährten Hobbythek®-Rohstoff steckt, erfuhr ich 2008 durch einen der Männer, die an seiner Entwicklung beteiligt waren, in einem persönlichen Gespräch: Natipide® II. Diese Informationen warfen ein völlig neues Licht auf die Verarbeitung des Rohstoffs und die Möglichkeiten seines Einsatzes. Ich habe sie in diesem Portrait zusammengetragen. Seit Ende 2011 wird das früher von Kuhs GmbH produzierte Produkt von der Lipoid GmbH hergestellt.

HINWEIS

2009 kam Lipodermin in einer veränderten Rezeptur auf dem Markt, die zusätzlich zu den oben angebenene INCI eine geringe Menge Distelöl (Carthamus Tinctorius (Safflower) Oil) enthält. Bei diesem Produkt handelte es sich um ein im Auftrag eines Zwischenhändlers hergestelltes Produkt. In der Praxis zeigte diese Formulierung deutlich abweichende Eigenschaften hinsichtlich Stabilität und Auftragsverhalten. Aus diesem Grund zeichnen viele Anbieter ihr Lipodermin im Shop als »Original« aus.

Meine Ausführungen beziehen sich ausnahmslos auf das originale Lipodermin (Natipide® II).

Wirkung und kosmetischer Einsatz

Die Membranstrukturen der Liposome entsprechen in ihrer grundlegenden Struktur dem Aufbau der Bilayer im Stratum Corneum und Zellmembranen; daher gelten sie kosmetisch als hautphysiologisch verwandte, nicht irritative Substanzen mit hoher Verträglichkeit. Zwei essentielle Substanzgruppen sind es, denen Liposome ihre pflegenden Eigenschaften verdanken: Ungesättigte Fettsäuren (insbesondere Linolsäure) und Cholin, ein hautschützender Stoff. Durch hauteigene Enzyme wird die Linolsäure vom Phosphatidylcholin abgespalten und steht für den Einbau in Ceramide 1 zur Verfügung; zudem wird die Cholingruppe des Phosphatidylcholins im Zellstoffwechsel auf Ceramide übertragen und fördert die Bildung von Sphingomyelinen, denen eine wesentliche Rolle in der Wasserbindungskapazität der Hornschicht zukommt. Beide Prozesse prädestinieren Phosphatidylcholin als hervorragende Substanz für eine effektive Regeneration der Barriereschicht der Haut.

Durch seinen membran-analogen Aufbau kann Phosphatidylcholin in die Struktur der Zellmembrane integriert werden, verschmilzt mit ihnen und führt durch seine ungesättigten Fettsäuren zu einer Fluidisierung, Erhöhung der Durchlässigkeit und Förderung hauteigener Stoffwechselprozesse. Dieser »Gleitschienen-Effekt« fördert die Aufnahme von in der Emulsion vorhandenen Wirkstoffen. Die Wirkungsweise von Phosphatidylcholin kann man sich bildlich wie Fenster vorstellen, die in den Zellmembranen »geöffnet« werden und durch die Stoffwechselprodukte in die Zelle und aus ihr heraus wechseln können. Eine weitere positive Wirkung ist, dass durch die Fluidisierung der Lipidlayer Talg besser abfließen kann und Verhornungen vermindert werden; daraus resultiert die erwiesene positive Wirkung von Lipodermin auch bei fettender, unreiner Haut und Akne. Beachten sollten Sie die membranfluidisierende Wirkung von Phosphatidylcholin, die bei trockener, feuchtigkeitsarmer Haut je nach Konzeption des Kosmetikprodukts zu einem verstärkten TEWL führen kann, einem transepidermalen Wasserverlust (siehe Glossar). Hier bietet sich an, die membranfluidisierende Wirkung durch Zusatz von Phytosterolen zu regulieren. Sehr gut eignen sich Phytosteryl Macadamiate und Avocadin® HU 25.

Heike

Wichtig

Bitte beachten Sie, dass Liposome die Bioverfügbarkeit von Wirkstoffen in der Haut deutlich erhöht. Sie können die Einsatzkonzentrationen Ihrer eingeplanten Wirkstoffe gegenüber einer Formulierung ohne Natipide® II teilweise bis zu 50 % reduzieren. Das bedeutet konkret: Bewährte Formulierungen werden durch den Zusatz von Natipide® II in ihrer Wirkung deutlich intensiviert, was u. U. zu unerwünschten Hautreaktionen führen kann. Dies liegt in diesem Fall mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht daran, dass Natipide® nicht vertragen wird, sondern an der nicht angepassten Gesamtformulierung.

Lipodermin kann sowohl in emulgatorfreien Rezepturen als Basis von liposomalen Wirkstoffegelen als auch in Emulsionen auf Basis von nichtionischen Emulgatoren und in reinen Oleogelen eingesetzt werden. Ein 3 %iges liposomales Wirkstoff-Serum erhalten Sie mit 15 % Lipodermin, dem Sie bis zu 5 % Öl und 5–7 % Wirkstoffe hinzufügen können. Geben Sie alle Ingredienzen (wasserlösliche Wirkstoffe zuvor vollständig in der Wasserphase lösen) zusammen und dispergieren Sie sie zu einer halbtransparenten Lösung. Diese Lösung kann durch Gelbildner (Xanthan, Siligel®, Solagum® AX) bis zu einer angenehmen Produktkonsistenz angedickt werden.

Ein weiterer Einsatzbereich sind Oleogele – wasserfreie Gele auf Basis von Ölen, viskoser eingestellt mit Buttern, Phytosterolen, Fettalkoholen und Wachsen. Ohne Wasser bildet Phosphatidylcholin keine Liposome, wirkt aber unabhängig davon als penetrationsfördernde und pflegende Komponente: Eine Zugabe von Lipodermin (3 bis ca. 10 %), das zeigten meine Tests, bewirkt ein schnelles Einziehen der Öle und vermindert den sonst obligatorischen Fettglanz. Das enthaltene Phosphatidylcholin fluidisiert und unterstützt den Transport lipophiler Wirkstoffe in die Haut. Diese Oleogele sind ein hervorragendes Pflegemittel für extrem trockene im Sinne fettarmer Hautzustände.

Verarbeitung von Lipodermin

Lipodermin kann in der kalten oder erhitzten Wasserphase und in rein fettbasierten Produkten eingearbeitet werden. Hohe Scherkräfte werden gut vertragen. Auch eine Kombination mit naturkosmetischen nichtionischen Zuckeremulgatoren (z. B. Sucrosestearat u. a.) ist problemlos möglich.

Lipodermin bietet, wie ich oben bereits erwähnte, neue, wunderbare Möglichkeiten des Einsatzes: Wir können es mit wasser- und fettlöslichen Wirkstoffen beladen. Dabei werden wasserlösliche Substanzen zuerst in Wasser gelöst und dann mit Lipodermin versetzt und hochtourig dispergiert. Öllösliche Substanzen können vor dem Dispergieren hinzugefügt werden. Das Liposomengel kann nun kosmetisch eingesetzt oder weiterverarbeitet werden. Diese Verarbeitungsweise schützt zum einen sensible Inhaltsstoffe im Endprodukt, zum anderen werden sie von der Haut besonders gut aufgenommen. Daher reichen in der Regel geringere Dosierungen an diesen Wirkstoffen aus, wenn sie zusammen mit Lipodermin verarbeitet werden.

Bekannt ist, dass liposomale Strukturen durch Zugabe von 0,2–0,5 % Phytosterolen (in UdA) und Vitaminen (0,2 % Tocopherol) stabilisiert werden können; sie integrieren sich in die liposomalen Membrane und minimieren die Diffusion der geladenen Inhaltsstoffe.

Dosierung

Für die Anwendung bei unreiner Haut und Akne existieren Magistralrezepturen mit 95 % reinem Lipodermingel und eingearbeiteten Wirkstoffen, die lokal auf vorhandene Unreinheiten aufgetragen werden. Hier bieten sich Extrakte aus Bartflechte und Weihrauch an, ätherische Öle (1 Tropfen pro 10 g Präparat), pulverfein zerriebenes Urea (3–5 %), Panthenol (0,5–2 %) sowie Allantoin (0,2 %). Mein Usnea-Gel setzt dieses Konzept in einer einfachen und effektiven Formulierung um.

In Oleogelen ist eine Zugabe von 3 bis ca. 10 % sinnvoll, als Wirkstoff in Emulsionen ca. 3 %.

Quellen

  1. Kathrin Schöbel, Liposomen, Gerbstoffe und essentielle Fettsäuren für die Pflege und Regeneration der Haut. Hamburg: Verlag Dr. Kovac, 1995
  2. Dr. H. Lautenschläger, Starke Wirkung – Phospholipide in Kosmetika. Kosmetik International 2003, S. 38–40
  3. G. Blume, D. Teichmüller: Liposomes as a Carrier System for Topical Applications, in: Cosmetic Science Technology, 2004, S. 101 f.
  4. M. Gloor, K. Thoma, J. Fluhr: Dermatologische Externatherapie. Berlin: Springer-Verlag, 2000
  5. Persönliche Gespräche mit dem Produktentwickler von Natipide® II

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