Die individuelle Pflege finden

Okklusivität und Wasserfreigabe-Verhalten

Wer mit der Herstellung von Naturkosmetik beginnt, steht nicht selten am Ende einer langen, ergebnislosen Odyssee durch das Angebot an Kaufkosmetik. Motivation (zumindest spiegeln mir das meine Leserinnen und Leser) ist nicht die Suche nach einem neuen Hobby, sondern die Hoffnung auf eine wirksame, individuelle Pflege für die eigene als unbefriedigend erlebte Hautsituation. In diesem Beitrag möchte ich zwei wichtige Aspekte erörtern, die nach meinen eigenen Erfahrungen die Charakteristik eines Pflegeprodukts wesentlich prägen. Lernen Sie mein Emulsions-Kreuz kennen – und vielleicht können Sie auf Basis dieses gedanklichen Modells gezielter zu Ihrer Wunschpflege finden?

Vor Jahren saß ich mit einer lieben Freundin gemütlich auf der Couch; wir hatten einen wunderschönen Spaziergang durch die Felder der umliegenden Dörfer hinter uns, tranken Kaffee und tauschten uns über unsere aktuellen Pflegekonzepte aus. Auch sie war ursprünglich auf der Suche nach einer Lösung für ihre problematische Hautsituation auf Olionatura.de und dann auf die Rührküche gestoßen. Erst nach 2 (!) Jahren, stellte sie fest, habe sie nun weitgehend ihre optimale Gesichtspflege gefunden. Interessant an ihren Ausführungen war, dass ihr letztendlich erfolgreiches Konzept Rohstoffe verwendet, die sie zu Beginn des Selbstrührens zunächst als ungeeignet wahrgenommen hatte. Ihr Fazit heute: Nicht Rohstoff X oder Y hatte eine Rezeptur ungeeignet (konkret: haptisch zu wenig »feucht«, zu »abdichtend« usw.) wirken lassen, sondern seine spezifische Dosierung bzw. die Gesamtrezeptur in ihren Verhältnissen der Stoffe zueinander. Es muss nicht so lange dauern – aber Fakt ist, dass sehr viele Frauen, die ich kenne, ähnliche Rührbiographien hinter sich haben. Wie jedoch kann man zum eigenen, individuell passenden Pflegeprodukt finden? Woran kann man erkennen, was die eigene Haut braucht und in welche Richtung eine Rezeptur angepasst werden kann, wenn sie noch nicht das ist, was man sucht?

Nun, einen schnellen Weg habe ich auch nicht anzubieten – eventuell jedoch ein gedankliches Modell, auf dessen Basis es Ihnen leichter fällt, das, was Sie nach dem Auftragen eines Produkts empfinden, in Worte fassen zu können. Ich möchte im Folgenden die grundlegenden Begrifflichkeiten des Gedankenmodells erläutern und Ihnen anschließend diese an Beispielen aus der Praxis konkretisieren. Meiner Freundin half dieses Modell, ihre persönliche Rührbiographie besser nachempfinden und im Rückblick zu verstehen, was sie an ihrer Emulsion über den Zeitraum jeweils geändert hat – bis die Rezeptur »passte«. Ich versichere Ihnen: Es ist nicht kompliziert. 🙂 Eines vorweg: Auch wenn es im Kern um Emulsionen geht, habe ich das Modell mit kosmetischen Produkttypen ergänzt, die formal nicht dazugehören (z. B. Oleogele, Salben, Hydrogele), die Palette an gängigen Pflegeprodukten jedoch sinnvoll ergänzen. Sehen Sie mir diese kleine formale Unkorrektheit bitte nach.

Das Emulsions-Kreuz

Wenn wir ein Pflegeprodukt auftragen, haben wir sehr schnell bestimmte Eindrücke über seine Eigenschaften. Wir fühlen, wie sich das Produkt beim Verstreichen anfühlt, wie schnell und vollständig es einzieht, welches Hautgefühl zurückbleibt. In den folgenden Minuten bis Stunden offenbart das Produkt weitere Charakteristika: Wir fühlen uns im wahrsten Sinne des Wortes wohl in unserer Haut … oder empfinden einen Mangel. Ein unangenehmes Spannen der Haut, Schwitzen, das Gefühl einer Folie, die sich über das Gesicht legt, »Haut-Durst« … Sie alle kennen diese Situation. Nur: Was bedeutet dies für die Planung einer passenden Rezeptur? Was können wir tun, um die Eigenschaften des Produkts so zu verändern, dass es zu unserer Hautsituation passt?

Das Emulsionskreuz und seine Koordinaten
Kosmetische Produkte unterscheiden sich u. a. in ihrem Grad der Okklusivität und ihres Wasserfreigabe-Verhaltens

Wenn Sie ein Pflegeprodukt für das Gesicht entwickeln, ergeben sich aus der Gesamtkonzeption aller Ingredienzien wesentliche Eigenschaften:

  1. Der Grad der sogenannten Okklusivität des Produkts, das bedeutet, wie stark es die Haut nach außen hin abdichtet und das Verdunsten von hauteigenem Wasser reduziert,
  2. dem spezifischen Wasserfreigabe-Verhalten des Produkts, das bedeutet, wie schnell produkteigenes Wasser aus der Grundlage freigegeben wird. Man unterscheidet schnell verfügbares, freies Wasser (Bulkwasser) und in einem Depot gespeichertes, langsam freiwerdendes Wasser.

Okklusivität

Die Okklusivität wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Einen wesentlichen Einfluss hat die Höhe der Fettphase: Rein fettbasierte Produkte wie Oleogele und Salben weisen naturgemäß eine sehr ausgeprägte Okklusivität auf, da sie hydrophob, also wasserabweisend sind. In der Dermatologie werden solche Produkte gezielt genutzt, um die Haut zu »mazerieren«, d. h. der Wasserstau unter der abdichtenden (okklusiven) Salbe oder dem Oleogel quillt die Hornschicht auf und lässt Wirkstoffe aus diesen Grundlagen besser in die Haut eindringen. Auch kosmetisch ist ein gewisser Grad an Okklusivität in der Regel sinnvoll, weil sie den sogenannten transepidermalen Wasserverlust mindert und hilft, die hauteigene Feuchtigkeit zu bewahren.
Die Stärke der Okklusivität kann auch bei rein fettbasierten Produkten variieren (je nach Auswahl der Fette), generell gilt jedoch, dass sie im Vergleich mit anderen kosmetischen Grundlagen am stärksten abdichten. Sobald Wasser dazu kommt, erhalten wir zunächst W/O-Emulsionen bis hin zu den wasserbetonten O/W-Emulsionen. Naturgemäß sinkt, bei gleicher Fettphasenzusammensetzung, mit Verringerung der Fettphase der Grad der Okklusivität. Aber: Es ist möglich, durch die Auswahl hochschmelzender Fette (Wachse, Ceramide, hydrierte Lecithine, Unverseifbares) auch eine Emulsion mit geringer Fettphase (z. B. um die 20–25 %) so zu gestalten, dass sie der Okklusivität eines Produkts mit höherer Fettphase (z. B. um die 40 %) annähernd entspricht. Leser meines Buches »Naturkosmetik selber machen« werden zu dieser Strategie vertiefende Informationen und Rezepturen finden; sie ermöglicht gering fettende und dennoch barriereschützende Emulsionen mit hoher haptischer Qualität.

Auf der anderen Seite der Skala stehen wasserbasierte Produkte wie Hydrogele und Hydrodispersionsgele, letztere mit einem geringen Anteil an im Gelgerüst fixierten Ölen. Ihre Okklusivität ist bei normaler Einsatzkonzentration der gelbildenden Ingredienzien gering.

Wasserfreigabe-Verhalten

Das Wasserfreigabe-Verhalten ist eine Eigenschaft, die sehr stark von den gewählten Emulgatoren abhängt, da diese Wasser unterschiedlich fest in ihre flüssig-kristallinen bzw. lamellaren Strukturen einbinden bzw. den Anteil an freiem, schnell verfügbarem Wasser fördern. Die untere modellhafte Grafik zeigt, was mit freiem Bulkwasser und gebundenem Wasser in einer Emulsion gemeint ist. Wir sehen quasi in eine O/W-Emulsion hinein und erkennen den Emulgator, der mit Koemulgatoren um die Öltröpfchen (1) herum Doppelschichten ausbildet (3) (achten Sie auf die Moleküle mit gelben Fettsäure-Schwänzen und blauen hydrophilen Molekül-Köpfen) und in diesen Wasser einlagert. Außerhalb dieser Doppelschichten befindet sich freies Wasser (2). Dieses wird beim Auftrag des Produkts auf die Haut sofort spürbar. Das gebundene Wasser wird erst frei, wenn die Fette der Emulsion – dazu gehören auch unsere Emulgatoren pflanzlichen Ursprungs – auf der Haut durch hauteigene Enzyme gespalten werden.

Blick ins Innere einer Emulsion: Die 4 Phasen nach Junginger
Zwischen Schichten von Emulgator- und Koemulgator-Molekülen wird Wasser fest gebunden.

Sie haben diese Eigenschaft vermutlich schon selbst erfahren: Kennen Sie das Gefühl, dass sie eine Creme oder ein Fluid im Gesicht auftragen und sofort, spätestens nach wenigen Minuten das Gefühl haben, dass die Haut spannt, Wasser fehlt? Wichtig ist hier die Schnelligkeit, mit der dieses unangenehme Gefühl auftritt. Ein Trockenheitsgefühl nach einiger Zeit deutet eher auf zu gering dosierte wasserbindende Substanzen hin – oder darauf, dass die Fettphase etwas höher ausfallen dürfte (also die Okklusion zu gering ist), um die Abdunstung des hauteigenen Wassers zu verringern. Die folgende Einteilung spiegelt meine Erfahrung vor dem Hintergrund der chemisch-physikalischen Eigenschaften der Emulgatoren wieder:

WASSERFREIGABEVERHALTEN VON EMULGATOREN

Relativ leicht geben Lecithine (Fluidlecithin Super und CM, Natipide® II/Lipodermin, Phospholipon 80 H, Emulmetik® 320) Wasser frei (stark ausgeprägt: Lysolecithin), Lanolin, Wollwachsalkohol, aber auch noch ein reiner Glucosefettalkoholester wie Cetearylglucosid, also TEGO® CG 90.

Partialglyceride (z. B. Glycerinstearat SE), Zitronensäurester (Glyceryl Stearate Citrate, das ist Dermofeel® GSC palm oil free), Zuckerester (Ester de Sucre) liegen »in der Mitte« (wobei es zwischen ihnen bereits deutliche Sprünge im Freigabeverhalten gibt).

Am stärksten wird das Wasser einer Emulsion in Mischemulgatoren gebunden, in denen hydrophile Emulgatoren mit langkettigen Fettalkoholen oder Wachsestern kombiniert werden (Xyliance, Montanov™ 68, Olivem® 1000 u. a.). Auch Glycerinstearat SE und andere vorher genannte O/W-Emulgatoren, zusammen z. B. mit Cetylalkohol (ein Fettalkohol) oder Cetylpalmitat (ein Wachsester) kombiniert, hält freies Wasser in einem Depot fest. Dieses gebundene (Depot-)Wasser muss nicht negativ sein; viele Frauen schätzen, wenn ihre Emulsionen Wasser über einen längeren Zeitraum, nach und nach freigeben. Andere wiederum benötigen ein Emulsionssystem, das sehr schnell viel Wasser freisetzt – ich gehöre dazu.

Wie Sie sehen, können Sie das Wasserfreigabe-Verhalten eines Produkts gezielt steuern: Durch die Wahl des Emulsionssystems. Mit Lysolecithin oder Tensiden »brechen« sie Wasserdepots auf; sobald Sie Cetylalkhol, Cetearylalkohol, Cetylpalmitat, Stearinsäure usw. hinzufügen, fördern Sie das Einbinden und Festhalten von Wasser im Emulsionsgerüst. Haptisch wird eine Emulsion dadurch allerdings auch matter, weniger fettend wirkend – und viskoser: Ohne diese Konsistenzgeber zeigen Emulsionen eher Lotioncharakter.

Beispiele aus der Praxis

Ich kann leider nicht alle denkbaren Möglichkeiten in das Emulsions-Kreuz einzeichnen, manche Varianten fehlen (z. B. die vielen Mischtypen zwischen Hydrodispersionsgel und leichter Emulsion), aber an den folgenden wenigen Beispielen werden Sie erkennen, wie die kosmetischen Charakteristiken einer Emulsion mit den beiden Begriffen Okklusivität und Wasserfreigabe-Verhalten gut umrissen werden können. Die Positionierung ist nur exemplarisch und zeigt Tendenzen auf; gerade O/W-Emulsionen decken eine größere Fläche ab als in der Skizze notiert; Oleogele und Salben wiederum haben mangels produkteigenem Wasser keines, das sie freigeben können (und gehören daher streng logisch nicht ins Kreuz – ich habe sie dennoch aufgenommen, weil sie Hautsituationen abdecken, die vor allem Fett und nicht zusätzliches Wasser benötigen). Ihre Aufgabe ist nun, innerhalb dieses Kreuzes einschätzen zu lernen, wo Ihre »individuellen Koordinaten« liegen, das heißt konkret: Wieviel Okklusion benötigen Sie, wie ausgeprägt soll das Wasserfreigabeverhalten sein? Dieses individuelle Profil gibt Ihren Weg vor … und das ist etwas, was Ihnen leider niemand abnehmen kann, weder beim Kauf eines Pflegeprodukts noch beim Herstellen der eigenen Naturkosmetik.

Das Emulsionskreuz – Einordnung der Emulgatoren

Ein interessantes Beispiel für okkludierende Produkte mit gleichzeitig gutem Wasserfreigabe-Verhalten ist die klassische Cold Cream. In ihrem Namen hat sich ihre bereitwillige Freigabe des Emulsionswassers niedergeschlagen: Das verdunstende Wasser bewirkt die leicht kühlende Wirkung dieser Quasiemulsion, die hohen Anteile an Bienenwachs und Wachsestern bewirken eine stärkere Okklusivität.
Lanolin- und Wollwachscremes sind ebenfalls Emulsionen, die fettbasiert, höher okkludierend, aber bereitwillig Wasser freigebend sind.

Anders stellt es sich mit W/O-Emulsionen dar, die auf Partialglyceriden in Kombination mit Fettalkoholen basieren sowie eine höhere Fett- (und damit eine geringere Wasser-)Phase aufweisen. Hier wird das emulsionseigene Wasser in flüssig-kristallinen Phasen festgehalten und nur langsam freigegeben; die Okklusivität ist geringer ausgeprägt als bei Oleogelen und Salben, aber noch deutlich vorhanden. Ein typischer Emulgator für diese Emulsionsform ist Olivem® 900.

O/W-Emulsionen können im Hinblick auf die genannten Parameter sehr unterschiedlich gestaltet werden, haben also die größte Varianz. Ihre Okklusivität liegt tendenziell im mittleren Bereich; sie werden von Verbraucherinnen bevorzugt, weil sie geringer rückfetten und in der Regel haptisch leichter wirken. Möglichkeiten der Planung zeigt die obige Emulgator-Liste auf.

Ein klassisches (und bei Selbstrührern sehr beliebtes) Hydrodispersionsgel bietet viel freies, leicht gebundenes Wasser und einen geringen Anteil pflegender Fette – eine okklusive Wirkung ist für diesen Produkttyp nicht vorgesehen. Für manche Hautzustände findet sich in dieser Grundlage eine optimale Lösung. In der kosmetischen Praxis werden bisweilen als Spezialbehandlung zunächst Hydrogele aufgetragen und diese dann, nach Einziehen, mit einer Folie oder rückfettenden Salbe okklusiv abgedeckt. Auf diese Weise gelangen die im Hydrogel gelösten Wirkstoffe besonders gut in die Epidermis. Zuhause lässt sich diese Strategie natürlich ebenfalls durchführen.

Viele Selbstrührer entwickeln Mischformen, in denen sie Hydrodispersionsgele mit Lecithinen, Sucrosestearat, Unverseifbarem usw. anreichern. Auf diese Weise lässt sich der Grad der passenden Okklusion und das Wasserfreigabeverhalten für den eigenen Hautzustand fein abzustimmen. Sie habe ich hier nicht eingezeichnet; sie befänden sich tendenziell im unteren, rechten Bereich des Modells.

Konkrete Tipps für Sie

Welchen Nutzen können Sie für Ihren Einstieg ins Selbstrühren aus dem Vorhergehenden ziehen?

In meinem Handbuch »Naturkosmetik selber machen« gebe ich Tipps, wie Sie Hinweise auf Ihren Hautzustand erhalten können. Ein Weg, ein passendes kosmetisches Konzept zu finden, ist nach meinen Erfahrungen folgender (ich setze voraus, dass Ihre Haut grundsätzlich gesund, also nicht von einer echten Hautkrankheit betroffen ist):

Phase 1

In der ersten Phase rühren Sie eine Emulsion mit 25 % Fett (z. B. meine Basisrezeptur »Klassische Pflegecreme«) und tragen Sie sie nach der Gesichtsreinigung auf. Spüren Sie, wie sich Ihre Haut nach 10 Minuten, nach einer Stunde, nach mehreren Stunden anfühlt. Alle Basisrezepturen sind mit 3 % Glycerin geplant und bieten auf diese Weise eine Grundversorgung mit einer feuchtigkeitsbindenden Substanz.

Nun kommen die beiden Tests, die der Haut einmal mehr Wasser, einmal mehr Fett anbieten:

  1. Tragen Sie einmal dieselbe Emulsion auf feuchtem Gesicht auf (mit Wasser oder Hydrolat besprüht) und prüfen Sie wieder das Hautgefühl, wie zuvor beschrieben.
  2. Tragen Sie am nächsten Tag dieselbe Emulsion auf, nachdem Sie ihr zuvor in der Handfläche einen Tropfen Hautöl hinzugefügt und diesen verrührt haben. Wieder gilt: Das Hautgefühl nach kurzer Zeit und über den Tag prüfen.

Sie können die Tests auch auf Tageszeiten aufteilen: Morgens die eine, abends die zweite Variante. Mit diesem Test sollten Sie zunächst tendenziell bestimmen können, mit welcher Fettphasenhöhe Ihre Haut gut auskommt. Mehr Wasser zu den 25 % Fettphase der Emulsion, mehr Fett oder die ursprünglichen 25 % geben Hinweise auf die grundsätzliche Konzeption der nächsten Charge. Wichtig: Dies ist nur eine Basisemulsion. Sie wird vermutlich nicht optimal für Ihre Haut sein. Sie soll nur Tendenzen deutlich machen, die die Gestaltung Ihrer optimalen Emulsion in Zukunft erleichtern.

Phase 2

Diesem ersten Text folgt nun die 2. Phase. Hier gilt es, ein Gefühl dafür zu entwickeln, wie sich Ihr gewähltes Emulsionssystem auf Ihrer Haut verhält und wie Sie das Hautgefühl beschreiben können. Nehmen wir einmal an, Sie kommen mit der 25-%-Variante an sich gut zurecht, Fett- und Wassergehalt scheinen an sich in Ordnung zu sein. Fühlt sich Ihre Haut auch nach Stunden noch gut versorgt an? Fühlen Sie sich wohl in Ihrer Haut, nichts ist haptisch unangenehm? Perfekt. 🙂

Oft ist es jedoch anders. Spannt Ihre Haut z. B.  kurz nach dem Auftragen? Das wäre ein Hinweis darauf, dass das Emulsionssystem zu viel Wasser festhält. Hier könnte ein möglicher Weg sein, auf Fettalkohole zu verzichten, eventuell 1 % Lysolecithin zu ergänzen, insgesamt weniger Emulgator zu nehmen (das heißt letztendlich: Akzeptieren Sie fluidere Texturen; auch eine Gesichtslotion kann der Haut alles geben, was sie braucht – leider sind es die konsistenzgebenden Fettalkohole und Wachsester, die einer wasserbetonten Emulsion vorrangig »Körper« geben).

Schwitzen Sie unter der Emulsion? Haben Sie das Gefühl, ihre Haut kann nicht atmen? Dann ist eventuell der Grad der Okklusion in Ihrer Emulsion zu hoch. Hier gilt es, die Höhe der Fettphase und die Fettkomponenten zu prüfen. Reduzieren Sie z. B. Wachse, Anteile an hydrierten Lecithinen, hohe Emulgator- und Butteranteile, lassen Sie Cetylalkohol & Co aus der Rezeptur heraus, verzichten Sie auf höherdosierte Phytosterole und Ceramide. Auch eine höhere Wasserphase (bitte erst in der nächsten Charge!) kann schnell Abhilfe bringen – bis dahin tragen Sie Ihre Emulsion am besten sparsam auf feuchter Haut auf.

Sie mögen Ihr leichtes Gesichtsfluid, es fühlt sich in den ersten Stunden wunderbar feucht an, aber dann fehlt es an Schutz? Ersetzen Sie 1 % eines Öls durch die Barriereschutzbasis oder 2 % eines Öls durch Avocadin® bzw. Phytosteryl Macadamiate, um den Grad der Okklusion leicht zu erhöhen – Sie sollten schnell Linderung spüren. Eine provisorische, schnelle Lösung wäre das Hinzufügen von etwas Öl oder Butter zur Emulsion, in der Handfläche vermischt – und die nächste Charge rühren Sie nach einer angepassten Rezeptur.

Sie sind an sich völlig zufrieden, aber Sie entdecken kleinere Unterlagerungen, die Sie sich nicht erklären können? Hier ist eventuell der Grad der Okklusion für Ihren Hautzustand bereits zu hoch. Wählen Sie z. B. ein Emulsionssystem auf Grundlage der Phospholipidbasis oder ein leichtes Fluid mit Emulprot® und Phospholipon® 80 H. Alternativ kann es als Provisorium reichen, 1–2 % Lipodermin in das fertige Produkt zu ergänzen, es aufzubrauchen und die nächste Charge entsprechend geändert herzustellen. Vor allem Fettalkohole und zu hohe Fettphasen führen schnell zu Unterlagerungen.

Heike

Ich wünschte, ich könnte Ihnen eine einfache Tabelle anbieten, in der sie nachschlagen und das Rezept für Ihre Haut finden. Leider ist dies nicht möglich; Hautsituationen sind sehr individuell. Bitte sehen Sie meinen Beitrag als Anregung. 🙂 Was ich mir erhoffe, ist, dass Sie Ihre Wahrnehmungen schulen und Hautbedürfnisse wahrnehmen. Mit der Zeit lernen Sie Emulgatoren und ihre Charakteristika kennen, können sie gezielter dosieren, ihr spezifisches Profil hinsichtlich Okklusivität und Wasserfreigabe-Verhalten nutzen, um eine sinnvolle Pflege zu finden: Ihre ganz persönliche, individuell konzipierte Naturkosmetik!

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